Gesund und fit im Alltag – was sich im ersten Moment gar nicht so schwer anhört, wird zunehmend problematisch. In den letzten Jahren ist die Zahl der Deutschen mit Übergewicht dramatisch gestiegen. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass heute nicht einmal mehr die Hälfte der Bundesbürger normalgewichtig ist. Und dieser Trend scheint sich ungebremst fortzusetzen. Zu den Ursachen gehört auf der einen Seite zu wenig Bewegung. Viele Betroffene sitzen im Büro am Rechner, greifen selbst beim Drucken nur noch neben sich – und bewegen sich maximal Richtung Kantine.
Der zweite sehr wesentliche Aspekt betrifft die Ernährung. Inzwischen wird in vielen Haushalten nicht mehr frisch gekocht – es gibt hochverarbeitete Lebensmittel, die viel Zucker enthalten. In Kombination mit der Verfügbarkeit an Fleisch und Wurstprodukten ein Teufelskreis. Aber: Zuerst belächelt, setzen sich zunehmend Gegenentwürfe zu diesem Lebensstil durch. Beispiel Paleo: Hier wird sich an Lebensmitteln orientiert, die unverarbeitet sind. Angesichts der Probleme moderner Tierhaltung setzt eine andere Gruppe auf einen Verzicht von Fleisch. Vegetarier – und das noch weiter gedachte vegane Ernährungskonzept – stehen vor Herausforderungen: Eine Ernährung, die keinen Mangel zulässt. Wie kann das Ganze am Ende funktionieren?
Mangelernährung: Problemfelder erkennen
Einfach alles an Lebensmitteln weglassen, was tierischen Ursprungs ist – auf den ersten Blick kein großes Problem. Auf den zweiten Blick werden Herausforderungen offensichtlich. Beispiel Gelatine: Das Gemisch aus tierischem Protein ist in ganz unterschiedlichen Lebensmitteln enthalten – auch dort, wo niemand auf den ersten Blick damit rechnet.
Grundsätzlich sollte die Ernährungsumstellung so vollzogen werden, dass alle wichtigen Energielieferanten sowie Mineralstoffe und Vitamine aufgenommen werden. Es kann daher durchaus empfehlenswert sein, nicht einfach „ad-hoc“ mit der Umstellung zu beginnen, sondern die Ernährung eingehend auf den Prüfstand zu stellen.
Andernfalls besteht die Gefahr, unbeabsichtigt einen Mangelernährungszustand zu entwickeln. Achtung: Gerade, wenn Eltern die Ernährung der ganzen Familie umstellen wollen, sind die Bedürfnisse Heranwachsender besonders zu berücksichtigen. Ein Beispiel aus Belgien, welches für die betroffenen Eltern strafrechtliche Konsequenzen hatte, unterstreicht die Bedeutung dieses Schritts.

Es gibt vegetarische und vegane Köstlichkeiten – doch wer sich rein pflanzlich ernährt, sollte einige Nährstoffe im Blick behalten, um keinen Mangel zu leiden.
Pflanzliche Proteinquellen nutzen
Protein – sprich Eiweiß braucht der Körper unter anderem für den Aufbau von Gewebe. Hierzu gehören unter anderem die Muskeln (deshalb sind Proteine beispielsweise für Kraftsportler so wichtig) oder Sehnen. Aber auch die Synthese von Hormonen oder das Immunsystem funktionieren ohne Proteine nicht richtig.
Den Aufbau der Eiweiße übernehmen Aminosäuren, von denen einige essenziell sind – sprich der Körper kann diese nicht selbst bilden. Hierzu zählen:
- Isoleucin
- Leucin
- Lysin
Generell steckt in den Köpfen einer breiten Mehrheit immer noch die Meinung, dass Proteine nur aus tierischen Quellen gedeckt werden können. Aber: Inzwischen sind Ernährungswissenschaftler schlauer.
- Nüsse: In Nüssen steckt teils ein erheblicher Anteil pflanzlicher Proteine. Besonders reich sind Erdnüsse daran, hier ist fast ein Drittel Protein enthalten. Aber auch mithilfe von Walnüssen oder Haselnüssen lässt sich zu einem ausgewogenen Eiweiß-Haushalt beitragen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Cashew-Kerne. Diese enthalten auf 100 Gramm circa 18 Gramm Eiweiß. Beim Verzehr von Nüssen sollte allerdings die Menge im Blick gehalten werden. Der Grund ist ein hoher Gehalt an Fetten/Fettsäuren.
- Hülsenfrüchte: Kidney-Bohnen oder Linsen gelten zusammen mit Erbsen zwar immer wieder als prädestinierter Proteinlieferanten, müssen aber manchmal etwas hintenanstehen. Der Grund ist Soja, welches bei Vegetariern und Veganern durchaus eine große Rolle spielt. Soja-Bohnen kommen auf 36 Gramm je 100 Gramm. Leider sind mit der Menge Eiweiß bei Soja zusätzlich auch über 440 Kalorien verbunden, so dass hier wie bei Nüssen Mäßigung geboten ist. Immerhin steht das Eiweiß mit einer hohen biologischen Wertigkeit zur Verfügung. Auch verschiedene Erbsen und Linsensorten liegen schnell bei mehr als 20 Gramm Protein je 100 Gramm. Diese können – im Vergleich mit Nüssen – durchaus etwas großzügiger verzehrt werden.
- Saaten: Sonnenblumen- und Kürbiskerne werden immer wieder gern gegessen – auch von Nichtvegetariern. Wer Fleisch aus dem Kühlschrank verbannen will, kann sich Saaten, dazu zählen auch Leinsamen und Quinoa, merken.
Grundsätzlich sollte der Anteil an Protein in der Nahrung etwa bei 10 Prozent bis 15 Prozent liegen, was sich durchaus mit pflanzlichen Quellen erreichen lässt.
Tipp: Inzwischen muss nicht immer krampfhaft nach Früchten oder Saaten gesucht werden, welche die Proteine liefern. Wenn es schnell gehen soll, bieten sich fertige Proteinpulver als Lösung für den Haushalt an.
Vitamine und andere Mikronährstoffe
Proteine sind eine Seite der Medaille, wenn es um eine vegetarische oder vegane Ernährung geht. Der Körper braucht nicht nur Energie und Eiweiß. Für enzymatische Prozesse, den Energietransport im Blutkreislauf sowie in die Zellen und eine optimale Funktion des Immunsystems braucht es verschiedene Mikronährstoffe. Hierzu gehören Vitamine und Spurenelemente. Letztere sind unter anderem:
- Magnesium
- Kalium
- Natrium
- Eisen
- Selen
- Zink
Letzteres spielt beispielsweise für den Aufbau verschiedener Enzyme eine Rolle und hat Funktion für das Immunsystem.
Das Thema Vitamine schließt eine ganze Palette verschiedener Verbindungen ein, wie zum Beispiel:
- Retinol
- Folsäure
- Vitamine aus dem B-Komplex
- Vitamin C
- Vitamin K
Mit den Vitaminen werden Vegetarier und Veganer wahrscheinlich wenig Probleme haben. Dieser Gedanke liegt zumindest nahe. Schließlich stecken die Vitamine doch vor allem in pflanzlichen Produkten. Eine Aussage, die für viele Vitamine stimmt – trotzdem nicht zu stark verallgemeinert werden darf.
Beispiel Vitamin A: Diese Verbindung ist in tierischen Produkten wie der Leber besonders stark angereichert vorhanden. Und auch das Vitamin B12 oder Vitamin D gilt allgemein eher in tierischen Produkten vorhanden als in Pflanzen. Gerade Vitamin B12 gilt bei Veganern als Mangelnährstoff, den man am besten durch Nahrungsergänzung zuführt. Bei Vitamin D kommt es sehr auf die Ernährungsgewohnheiten an, denn hier stechen Algen mit hohen Werten hervor.
Diese Beispiele sollen zeigen, dass eine auf pflanzliche Basis ausgerichtete Ernährung auch im Hinblick auf Vitamine an Grenzen stoßen kann. Und es gibt einen Punkt die Mineralstoffe betreffend: Eisen. Letzteres ist zwar auch in Pflanzen vorhanden. Allerdings lässt sich das pflanzliche Eisen wesentlich schwerer resorbieren als Eisen aus tierischen Quellen. Ist eine vegetarisch-vegane Ernährung damit auf Dauer zum Scheitern verurteilt?
Nein, es gibt inzwischen durchaus Möglichkeiten, den Bedarf zu decken. So enthalten unter anderem Amaranth, Quinoa oder Kürbiskerne viel Eisen. Dessen Aufnahme kann unterstützt werden, wenn Veganer Lebensmittel mit einem hohen Vitamin-C-Gehalt mit eisenreichen Nahrungsmitteln verzehren. Diese – darauf weißt unter anderem auch PETA hin – unterstützen die Aufnahme des Eisens. Vegetarier und Veganer kommen also nicht daran vorbei, sich etwas intensiver mit ihrer Ernährung zu beschäftigen – um Alternativen für die verschiedenen Mikronährstoffe aufzuschließen.

Gerade Veganer haben häufig Probleme, ihren Vitamin B12-Bedarf mit der Ernährung zu decken. Eine Supplementierung kann hier sinnvoll sein.
Vegetarisch und vegan ernähren – aber richtig
Auf Fleisch verzichten und sich eher auf pflanzliche Produkte fokussieren – was in früheren Jahrhunderten einfach eine zwingende Notwendigkeit war, ist heute eine Frage der inneren Einstellung. Bis zum Beginn der industriell betriebenen Massentierhaltung (durch Fortschritte in der Zucht und Futtermittelherstellung) war eine auf pflanzliche Lebensmittel fokussiert Ernährung für weite Bevölkerungskreise Standard.
Heute gilt vegan und vegetarisch als Sinnbild für einen bewussten Umgang mit Ressourcen und Ausdruck des Interesses am Tierwohl. Und Veganer/Vegetarier gelten als Menschen, die sich generell gesund ernähren. Gerade dieser Punkt hält einer kritischen Betrachtung nicht immer stand.
Richtig ist, dass viele Ernährungswissenschaftler einer Ernährung, die auf viel:
- Obst
- Gemüse
- Saaten
setzt, den Vorzug geben. Allerdings zeigt bereits der Blick auf die Proteine sowie die Mineralstoffe und Vitamine, dass auch eine vegetarische Ernährung nicht grundsätzlich als pauschal gesund angesehen werden darf.
Fazit: Mangelernährung muss für Veganer kein Problem sein
Vegan ernähren heißt auf tierische Produkte verzichten. Und dieser Verzicht reicht deutlich weiter als bei Vegetariern. Allerdings reicht es jetzt nicht, einfach alles wegzulassen, was an Lebensmittel von Tieren stammt. Gerade Veganer sind angehalten, sich mit ihrer Ernährung intensiv zu beschäftigen. Ein Grund: Proteine bzw. diverse Aminosäuren muss der Körper von außen aufnehmen. Und diese sind besonders in tierischen Produkten enthalten. Um hier keinen Mangel zu entwickeln, ist genaues Hinschauen gefragt und welche pflanzlichen Produkte als Alternativen in Frage kommen. Ähnlich die Situation bei Vitaminen. Einige kommen primär in tierischen Lebensmitteln vor – lassen sich allerdings ersetzen. Die Bedingung ist, sich im Rahmen der Ernährungsumstellung intensiv mit den Mikro- und Makronährstoffen auseinanderzusetzen.
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