Getreideallergien gehören zu den Krankheiten, die zwar durchaus weit verbreitet sind, aber nur wenig bekannt. Sie betrifft überwiegend Säuglinge und Kleinkinder, eine Getreideallergie kann in Einzelfällen aber durchaus auch bis ins Erwachsenenalter weiterbestehen. Sie kann sich auch bei bestimmten Auslösefaktoren (Risikofaktoren) überhaupt erst im Erwachsenenalter bilden.
Nicht verwechseln: Getreideallergie und Zöliakie
Häufig wird die Getreideallergie mit der in der Öffentlichkeit bekannteren Zöliakie verwechselt. Beides sind jedoch völlig unterschiedliche Krankheiten.
Während die Getreideallergie eine klassische Allergie ist, steht bei der Zöliakie die Autoimmunerkrankung im Vordergrund, auch wenn einzelne Merkmale einer Allergie vorhanden sind. Bei beiden Krankheiten spielen völlig unterschiedliche Auslösefaktoren und Vorgänge im Körper eine Rolle, auch wenn die sichtbare Reaktion auf einzelne Getreide, insbesondere Weizen, den Symptomen nach zunächst sehr ähnlich ausfallen kann.
Während sich Allergien in der Regel gut behandeln lassen, und häufig auch von selbst wieder verschwinden, ist die Zöliakie grundsätzlich bislang nicht heilbar und allein durch dauerhaftes Weglassen bestimmter Nahrungsmittel therapierbar.
Getreideallergie im Detail
Die Getreideallergie ist eine Allergie, wie alle anderen bekannten Allergien auch. Sie führt zu einer überschießenden Immunabwehrreaktion des Körpers auf an sich ungefährliche Stoffe. Da es sich bei Getreiden um Nahrungsmittel handelt, ist die Getreideallergie eine spezielle Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit.
Als mögliche allergieauslösende Getreidesorten gelten:
- Weizen und Weizenformen (Dinkel, Grünkern, Kammut, Emmer)
- Roggen, Gerste, Hafer
- Mais, Reis und Hirse
Am häufigsten ist eine allergische Reaktion auf Weizen, eine Allergie auf andere Getreidesorten ist aber ebenfalls prinzipiell möglich. Eine Allergie auf alle Getreidesorten insgesamt ist dagegen sehr selten.
Betroffene und Risikogruppen
Vorwiegend betroffen sind Kinder vom Säuglings- bis zum Schulalter. In sehr vielen Fällen verliert sich die Allergie mit dem Eintritt ins Schulalter, in einigen Fällen kann eine Allergie aber auch weiterbestehen bleiben oder sich weiterhin als Nahrungsmittelunverträglichkeit (weniger schwere und keine allergischen Symptome) erhalten.
Erwachsene „echte“ Allergiker sind bei Getreideallergien vergleichsweise selten. Gelegentlich findet sich jedoch eine künstliche Sensibilisierung durch das häufige Einatmen von Mehlstaub in großen Mengen. Diese, dann als sogenanntes „Bäckerasthma“ bezeichnete, dauerhafte Allergie stellt eine Berufskrankheit und gleichzeitig ein Berufsrisiko in allen mehlverarbeitenden Betrieben dar.
Ein gewisses Risiko besteht auch bei einer ausgeprägten Gräserpollenallergie. Als sogenannte Kreuzallergie kann der Körper hier auch auf bestimmte Getreidesorten reagieren, die er mit dem eigentlichen Allergen (den Gräserpollen) verwechselt. Das erklärt sich dadurch, dass im botanischen Sinn alle Getreidesorten auch Gräser (sogenannte Süßgräser) sind.
Symptome bei der Getreideallergie
Die Symptome können unterschiedlich schwer ausfallen, sie treten aber immer kurze Zeit bis einige Stunden nach dem Verzehr von getreidehältigen Produkten auf. Im Allgemeinen sind Beschwerden nach 15 – 30 Minuten erkennbar. Leitsymptome sind dabei:
- Hautjucken, auch Hautrötung (rote Flecken) und Nesselausschläge, gelegentlich auch Gesichtsschwellung
- Schwellungen, Jucken und/oder Brennen in Mund- und Rachenraum
- juckende, tränende Augen, verstopfte Nase (ähnlich wie bei Heuschnupfen)
- Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, auch Bauchkrämpfe sind möglich
- Husten und Atemnot sowie pfeifende Atemgeräusche sind häufig
Schwere allergische Reaktionen mit anaphylaktischen Schockzuständen (zusätzlicher massiver Blutdruckabfall und Kreislaufschock) kommen nur selten vor. Sie können durch körperliche Anstrengung aber verstärkt oder überhaupt erst hervorgerufen werden.
Diagnose
Eine Diagnose der Getreideallergie gestaltet sich einerseits schwierig, weil sehr viele Produkte Getreide enthalten können, und ein Zusammenhang mit verzehrten Nahrungsmitteln nicht immer automatisch hergestellt wird. Andererseits ist es gerade bei Kindern etwas leichter, den Überblick darüber zu behalten, was sie gerade gegessen haben und ob sie auf bestimmte Produkte in bestimmter Weise reagieren.
Wichtig für eine Diagnosestellung ist zunächst das Erkennen des Zusammenhangs zwischen den auftretenden Symptomen und bestimmten verzehrten Nahrungsmitteln. In vielen Fällen hilft zur Klärung das Führen eines Ernährungstagebuchs.
Zur ausschließenden Klärung kann dann ein Bluttest (IgE-Antikörperbestimmung) oder ein Hauttest durchgeführt werden. Zu bedenken ist dabei aber immer, dass die Ergebnisse solcher Tests nur die Sensitivität auf bestimmte Stoffe bestätigen – das muss nicht bedeuten, dass diese Stoffe in jedem Fall auch tatsächlich allergische Reaktionen auslösen.
Für die Diagnostik ist es wichtig, die allergieauslösenden Sorten sehr genau zu bestimmen, da Getreide eines unserer Hauptnahrungsmittel ist, und nicht einfach komplett weggelassen werden kann. Bei der Diagnostik sind auch mögliche Kreuzallergien in Betracht zu ziehen.
Ein medizinisch kontrollierter sogenannter Auslass- und Belastungstest kann ebenfalls bei der Diagnosestellung hilfreich sein. Hier werden oft Doppel-Blind-Tests durchgeführt, um ein wirklich stichhaltiges Ergebnis zu erhalten.
Bestimmte „exotische“ Diagnosemethoden (wie ein Gesamttest auf IgG-Reaktion auf alle Lebensmittel oder Kinesiologie sowie Bioresonanz) liefern keine aussagekräftigen und haltbaren Diagnosen. Sie sind völlig verzichtbar.
Verlauf der Krankheit
Viele Allergien verschwinden mit dem Eintritt ins Schulalter. Aus diesem Grund empfiehlt sich auch eine regelmäßige Nachkontrolle. Auftretende Symptome lassen sich symptomspezifisch behandeln, durch eine Umstellung der Ernährung (Verzicht auf die allergieauslösenden Substanzen) können Allergieschübe wirkungsvoll vermieden werden.
Eine glutenfreie Ernährung ist bei einer Getreideallergie nicht wirksam (sondern nur bei Zöliakie), und auch nicht nötig. Es müssen gezielt die allergieauslösende Stoffe und nicht Gluten vermieden werden.
Behandlung im Akutfall
Bei sehr schweren Symptomen können Antihistaminika und Kortison-Präparate rasch wirksam Abhilfe schaffen. Bei schweren Atembeschwerden können auch Asthma-Sprays Linderung verschaffen.
Bei Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks ist umgehend ein Krankenhaus aufzusuchen oder der Notarzt zu rufen, es handelt sich hierbei um einen lebensbedrohlichen Zustand! Ein komplettes Kreislaufversagen oder sogar Multiorganversagen kann sehr rasch eintreten, deshalb bitte keine Zeit verlieren.
Typische Anzeichen für eine allergische Schockreaktion des Körpers sind (neben den oben schon erwähnten Allergie-Anzeichen) ausgeprägte Kreislaufbeschwerden, ausgeprägte Atemnot, Veränderungen des Pulses und Blutdrucks (Pulsrasen, Blutdruckabfall). Kommen dann Bewusstseinstrübungen dazu, ist die Schockreaktion bereits sehr massiv. In weiterer Folge kann es bei ausbleibender Behandlung zum Atemstillstand und Kreislaufstillstand kommen.
Risiko für anaphylaktische Schocks
Schwere allergische Schockreaktionen stammen bei Kindern zwar in fast zwei Drittel aller Fälle von Nahrungsmittelallergien verursacht, bei Getreideallergien ist das Risiko allerdings eher gering, schwere Schocks treten selten auf. Eine Ausnahme bildet hier nur massive körperliche Anstrengung und schwere körperliche Betätigung direkt nach Auftreten der allergischen Reaktion.
Die Gefährlichkeit eines sich ausbildenden anaphylaktischen Schockzustands lässt sich auch für Laien gut abschätzen: Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein Schock umso gefährlicher ausfällt, je früher er nach dem Verzehr des allergieauslösenden Nahrungsmittels einsetzt.
Bei Erwachsenen sind anaphylaktische Schock durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten generell eher selten, hier stellen vor allem diverse Insektengifte die Hauptursache für allergische Schockreaktionen dar.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
Begleitende und vorbeugende Maßnahmen
Grundsätzlich ist das ständige Mitführen eines Allergiepasses sehr wichtig. Nur so kann im Ernstfall umgehend und ohne Zeitverlust die richtige Maßnahme getroffen werden. Bei sehr schwerer Ausprägung der Allergie kann das Mitführen oder Bereithalten eines „Notfallsets“ mit Antihistamin- oder Kortisonpräparat und gegebenenfalls Asthma-Spray sinnvoll sein. Adrenalinautoinjektoren werden in den meisten Fällen bei Getreideallergien – auch in deutlicher Ausprägung – nicht nötig sein, außer es besteht im Einzelfall ein hohes Risiko für schwere Schockzustände.
Wichtig ist auch, Lehrer, Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen über die bestehende Getreideallergie zu informieren und aufzuklären, um im Notfall gezielte und schnelle Hilfe erhalten zu können. Dafür können Sie gerne auch unseren Beitrag verwenden.
Eine umfassende Ernährungsberatung – bei Kindern auch für die Eltern – ist sinnvoll. Die häufigste Getreideallergie ist eine Allergie gegen Weizen, und Weizen ist in sehr vielen Produkten auch unbemerkt enthalten.
Zudem besteht gerade bei Kindern das Risiko, durch Weglassen von zu vielen Produkten, die eigentlich trotz der Getreideallergie vertragen werden, eine Unterversorgung mit Kohlenhydraten und wichtigen Nährstoffen zu verursachen. Das kann in der Folge zu Entwicklungs- und Wachstumsstörungen führen.
Fazit zum Thema Getreideallergie
Getreideallergien sind meist nur sehr schwach ausgeprägte Allergien, oft an der Grenze zu Unverträglichkeiten. Man sollte sie dennoch aber ernst nehmen, und auslösende Nahrungsmittel unbedingt meiden, da es sonst zu einer Verschlimmerung kommen kann. In Akutfällen und bei auftretenden Schockzuständen ist schnelle und gezielte Hilfe oberste Pflicht!
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