Etwa 30.000 Kinder und Jugendliche leiden hierzulande an Diabetes Typ 1 und eine wachsende Zahl an Diabetes Typ 2. In diesem Alter stellt Diabetes die am häufigsten auftretende Stoffwechselerkrankung dar. Auch wenn die Krankheit nicht heilbar ist, geht es den Kindern und Jugendlichen vergleichsweise gut. Doch es geht nicht ohne Kontrolle und Selbstbeherrschung, wenn es bei Kindern um das Leben mit Diabetes geht.
Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 bei Kindern
Wird bei Kindern und Jugendlichen Diabetes diagnostiziert, handelt es sich um etwa 60-70% um den Diabetes Typ 1, die sogenannte juvenile Diabetes. Damit ist Diabetes Typ 1 gemeint, eine der häufigsten chronischen Erkrankungen, die im Kindesalter auftreten können. Diabetes Typ 2 galt ursprünglich als Altersdiabetes und trat bei Kindern und Jugendlichen nur sehr selten auf. Seit allerdings immer mehr Kinder an Übergewicht und Adipositas leiden, wird auch Diabetes Typ 2 bei ihnen häufiger festgestellt.
Die Unterschiede von Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2
Diabetes Typ 1:
Bei diesem Typ werden die Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört, welche das Insulin produzieren. Dafür ist eine Autoimmunerkrankung verantwortlich, das heißt, der Körper produziert die zerstörerischen Antikörper selbst.
Obwohl die Bauchspeicheldrüse genügend Insulin produziert, wird der Körper zunehmend resistenter dagegen. Der Blutzuckerspiegel steigt und der Diabetes Typ 2 manifestiert sich.
Die Symptome von Diabetes bei Kindern
Erkrankt ein Kind an Diabetes Typ 1, zeigen sich die Symptome in der Regel erst sehr spät. Das liegt daran, dass die Bauchspeicheldrüse noch genügend Insulin produziert, obwohl die Antikörper längst ihr zerstörerisches Werk begonnen haben. Erst wenn mehr als 80 Prozent der Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört wurden, die für die Produktion von Insulin benötigt werden, zeigen sich die folgenden Symptome:
- Das Kind muss häufig Wasser lassen, auch in der Nacht. Möglicherweise nässt es deswegen nachts wieder ein, obwohl es längst trocken war.
- Das Kind hat ständig Durst und trinkt täglich bis zu mehrere Liter Flüssigkeit.
- Das Kind ist matt und schwach.
- Obwohl das Kind genügend Essen zu sich nimmt, hat es ständig Hunger und nimmt trotzdem ab.
- Das Kind leidet an Bauchschmerzen.
- Ist der Diabetes bereits fortgeschritten, riecht die Atemluft nach Aceton.
Die Symptome des Diabetes Typ 2 ähneln den Symptomen des Diabetes Typ 1. Allerdings entwickeln sie sich deutlich langsamer. Erkrankt ein Kind an Diabetes Typ 2, hat es in der Regel ein starkes Übergewicht.
Tipp:
Achten Sie auf die Symptome, da diese oft übersehen werden. Bei rund einem Viertel der jugendlichen Patienten wird die Diagnose so spät gestellt, dass sie mit diabetischer Ketoazidose ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen.
Die Diagnose stellt der Arzt
Stellen Sie die oben genannten Symptome bei Ihrem Kind fest, sollten Sie es unbedingt bei einem Kinderarzt oder einem Allgemeinmediziner vorstellen. Auch ein Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie ist der richtige Ansprechpartner. Damit er den Diabetes sicher diagnostizieren kann, stellt er Fragen:
- Hat bereits ein anderes Mitglied der Familie Diabetes?
- Nässt Ihr Kind nachts wieder ein oder muss es tags und nachts häufig Wasser lassen?
- Wirkt Ihr Kind müde und matt?
- Ist Ihr Kind durstiger als sonst? Trinkt es viel?
- Hat Ihr Kind Bauchschmerzen?
- Riecht der Atem des Kindes nach Aceton, also ein wenig nach Nagellackentferner?
Dann untersucht der Arzt Ihr Kind, misst den Blutzuckerspiegel und bittet um eine Urinprobe. Außerdem vereinbart der Arzt einen Termin zur Blutentnahme, bei welcher der sogenannte Nüchtern-Blutzucker bestimmt wird. Vorher darf das Kind acht Stunden lang weder etwas essen, noch zuckerhaltige Getränke zu sich nehmen. Damit die Diagnose fehlerfrei bestimmt werden kann, muss dieser Nüchtern-Blutzucker an mehreren Tagen gemessen werden.
Stellt der Arzt bei der Untersuchung fest, dass Ihr Kind Diabetes hat, überweist er es in eine darauf spezialisierte Einrichtung oder ein Krankenhaus. Dort kümmern sich Kinderärzte mit einer Zusatzqualifikation in Diabetologie um Ihr Kind und beginnen mit der individuellen Insulin-Therapie. Die Therapie zielt darauf ab, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Da die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert, muss es täglich mehrmals gespritzt werden. Ohne Insulingabe lässt sich der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit nicht senken.
Ohne Kontrollen geht es nicht
Im Krankenhaus lernen Sie und Ihr Kind, wie Sie den Blutzuckerspiegel selbst kontrollieren können. Es gibt Geräte, mit denen selbst jüngere Kinder ihren Blutzucker gut überprüfen können. Allerdings braucht Ihr Kind – je nach Alter – Hilfe bei der Interpretation der gemessenen Blutzuckerwerte. Damit Sie das gemeinsam mit Ihrem Kind meistern, erfolgt bereits im Krankenhaus oder der Einrichtung eine Schulung.
Die Schulung für Diabetiker
Hier lernen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, wie sich Ihr Leben nach der Diagnose Diabetes ändert und wie Sie damit gut umgehen können. Schließlich bedeutet gerade die Diagnose Diabetes Typ 1, dass Ihr Kind für den Rest seines Lebens Insulin spritzen muss. Gemeinsam können Sie alles über Diabetes lernen – das hilft Ihnen auch, Folgeerkrankungen zu vermeiden. Für diese Diabetiker-Schulungen übernehmen normalerweise die gesetzlichen Krankenkassen alle anfallenden Kosten.
Diabetes Typ 1:
Diese Schulungen finden in speziellen diabetologischen Praxen statt. Erfragen Sie bei Ihrem Arzt, wo diese Schulungen angeboten werden.
Diabetes Typ 2:
Diese Schulungen werden von speziellen diabetologischen Praxen, aber auch von Hausärzten angeboten, die sich auf Diabetes Typ 2 spezialisiert haben. Je nach Schwere der Erkrankung gibt es unterschiedliche Schulungen für Diabetes Typ 2 mit oder ohne Insulintherapie und spezielle Schulungen für Diabetiker Typ 2, die gleichzeitig an Bluthochdruck leiden.
Begleitperson für Kindergarten oder Schule
Geht Ihr Kind in den Kindergarten oder die Schule, muss es auch in dieser Zeit den Blutzucker messen und gegebenenfalls Insulin spritzen. In manchen Fällen helfen Lehrerinnen oder Erzieherinnen, allerdings müssen diese dafür ebenfalls speziell geschult sein. Doch Ihr Kind kann sowohl den Kindergarten als auch die Schule nur dann besuchen, wenn die diabetische Versorgung sichergestellt ist, so dass nichts passieren kann. Falls Sie selbst Ihr Kind nicht den ganzen Tag in der Einrichtung begleiten und die Blutzuckermessung kontrollieren wollen, braucht das Kind eine Begleitperson, die diese Aufgabe übernimmt. Im Sozialgesetzbuch (SGB) XII ist deswegen in den Paragraphen 53 und 54 festgelegt, dass Kinder mit einer Behinderung – und eine chronische Krankheit wie Diabetes Typ 1 oder Diabetes Typ 2 zählt definitiv dazu – staatliche Unterstützung erhalten müssen, damit sie eine Schule besuchen können.
Die Leistungen der Integrationshilfe beantragen
Bei der für Integration zuständigen Behörde müssen Sie als Eltern die Leistungen beantragen, die Ihr Kind braucht. Das kann ein ambulanter Pflegedienst oder eine Begleitperson sein, aber auch ein persönliches soziales Budget. Für die medizinischen Leistungen, zu denen das Messen des Blutzuckerspiegels oder das Spritzen von Insulin zählt, ist dagegen ein Antrag bei der Krankenkasse erforderlich.
Die richtige Ernährung für Kinder mit Diabetes
Ein wesentlicher Aspekt bei Diabetes liegt auf der richtigen Ernährung Ihres Kindes. Eine vollwertige und ausgewogene Ernährung wirkt sich dabei positiv auf den Blutzuckerspiegel aus. In der Diabetes-Schulung lernen Sie viel darüber, wie sich die Kohlenhydrate auf den Blutzucker auswirken und damit auf die notwendige Zufuhr von Insulin. Da sich gerade der Langzeitzucker nur dann in den gewünschten Bereichen bewegt, wenn die Kohlenhydrate in der Nahrung und das gespritzte Insulin gut abgestimmt sind, ist hier eine regelmäßige Kontrolle mehrmals täglich nötig. Doch bei Kindern lässt sich die Aufnahme der Kohlenhydrate nicht immer so exakt planen: Sie wollen gelegentlich Süßigkeiten essen und auch einmal mit den Freunden auf dem Bolzplatz toben.
Was ist an Essen und Trinken bei Diabetes erlaubt?
Grundsätzlich braucht ein an Diabetes erkranktes Kind keine Spezialnahrung oder Diät. Selbstverständlich darf Ihr Kind auch kleinere Portionen an Süßigkeiten zu sich nehmen. Sie müssen gemeinsam mit Ihrem Kind darauf achten, dass die gespritzte Insulinmenge auf die zu den Mahlzeiten gegessenen Nahrungsmittel abgestimmt ist. Daher bekommen Sie gerade als Eltern umfassende Informationen über die Zusammensetzung der einzelnen Nahrungsmittel und lernen, wie Sie diese in Kohlenhydrateinheiten umrechnen können. Sämtliche Mahlzeiten und Nahrungsmittel die Kohlenhydrate enthalten, lassen den Blutzuckerspiegel Ihres Kindes steigen.
Zehn Gramm Kohlenhydrate entsprechen einer Kohlenhydrateinheit (KE oder KHE). Eine Broteinheit (BE) sind dagegen 12 Gramm Kohlenhydrate. Auf vielen Lebensmittelpackungen sind die Kohlenhydratmengen angegeben. Daraus können Sie ganz einfach die Broteinheiten (BE) ermitteln und wissen danach, wie viel Insulin sich Ihr Kind spritzen muss.
In diesen Lebensmitteln stecken Kohlenhydrate:
- Getreide, Brot, Müsli, Cornflakes und Pizza
- Nudeln, Kartoffeln und Reis
- Milch und sämtlichen Molkereiprodukten wie Jogurt, Quark und Käse
- Obst und Obstsäften
- Kuchen, Kekse, Eis, Süßigkeiten, zuckerhaltige Getränke und selbstverständlich auch Zucker
Möchte Ihr Kind außerhalb der Mahlzeiten etwas zu essen oder trinken haben, sind folgende Sachen erlaubt:
- Zuckerfreie Kaugummis oder Bonbons
- Kräuter- oder Früchtetee ohne Zucker, aber auch Wasser
- rohes Gemüse
Besteht die Diabetes lebenslang?
Wird bei Ihrem Kind Diabetes Typ 2 diagnostiziert, kommt es im Verlauf der Krankheit darauf an, ob Sie und Ihr Kind Ihren Lebensstil daran anpassen. Schafft es Ihr Kind, sein Gewicht zu reduzieren, bewegt es sich ausreichend und isst gesund und abwechslungsreich, kann diese Form der Diabetes manchmal vollständig verschwinden. Diabetes Typ 1 besteht dagegen lebenslang und ist bisher nicht heilbar. Daher sind die Schulungen und regelmäßige medizinische Kontrollen der Blutzuckerwerte notwendig. Nur dann lassen sich schwerwiegende Folgeerkrankungen vermeiden. Mögliche Komplikationen bei beiden Diabetes-Typen sind Unter- und Überzuckerung.
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