Babys kommen häufig kahl auf die Welt, andere verlieren ihren Flaum, bevor der normale Haarwuchs beginnt. Wenn jedoch ältere Kinder plötzlich unter Haarausfall leiden, sind Eltern in Alarmbereitschaft. Manchmal erledigt sich das Problem nach kurzer Zeit wieder von selbst, ansonsten ist meist eine Therapie mit entsprechenden Medikamenten möglich. Was steckt hinter dem Haarausfall und wie können Sie Ihrem Kind helfen?
Kreisrunder Haarausfall (Alozepie) bei Kindern
Lange wurde kreisrunder Haarausfall als ein Problem betrachtet, das lediglich Frauen im zweiten Lebensdrittel befällt. Schätzungen zufolge sind mittlerweile jedoch etwa 400.000 Kinder in Deutschland betroffen. Die Krankheit tritt plötzlich auf und verläuft schubweise. Zu unterscheiden ist zwischen der Alopecia areata circumscripta, bei der es zu kahlen Herden auf der Kopfhaut sowie einem Verlust der Augenbrauen, Wimpernhaare und anderer behaarter Körperstellen kommt, sowie der Alopecia areata totalis, bei der die Kopfhaare komplett fehlen. Verliert ein Kind seine komplette Körperbehaarung, sprechen Mediziner von einer Alopecia universalis. Betroffene Stellen haben eine ovale bis runde Form. Die Kinder haben in der Regel keinerlei Beschwerden, es treten weder Juckreiz noch Schmerzen auf. Eltern oder der Arzt können lediglich leicht ödematöse Stellen auf der Kopfhaut ertasten. Am Rand sind häufig einzelne, verbliebene Haare zu finden. Die Ursachen dieses kreisrunden Haarausfalls sind noch unbekannt. Manche Wissenschaftler gehen von einer genetischen Ursache aus, andere sehen den Grund in einer Autoimmunkrankheit.
Im Verlauf der Krankheit zeigen sich öfter Lymphknotenschwellungen sowie eine Veränderung der Fuß-und Zehennägel. Bei rund 10 bis 20 Prozent der betroffenen Kinder liegen allergische Atemwegserkrankungen (atopische Diathese) vor. Bei etwa ein bis zwei Prozent der kleinen Patienten wurde oder wird die Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) oder eine Schilddrüsenerkrankung diagnostiziert. Kinder mit Downsyndrom sind häufiger von kreisrundem Haarausfall betroffen. Als Auslöser der Krankheit werden chronische Infekte an den Zähnen sowie im Hals-Nasen-Ohrenbereich vermutet. Auf der psychischen Ebene hat sich gezeigt, dass diese Beschwerden häufig bei traumatisierten Kindern auftreten. Bei der überwiegenden Mehrheit der Kinder wachsen die Haare in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten ohne weitere Therapie von alleine wieder nach, wobei Rückfälle möglich sind. Betroffenen kleinen Patienten hilft bei der Genesung oft eine Stärkung des Immunsystems. Daneben kann während der akuten Phase eine Therapie mit Lösungen auf der Basis von Corticoid durchgeführt werden. Auch eine Behandlung beispielsweise mit Dithranol sowie eine Eisensubstitution ist möglich.
Pilzinfektionen der Kopfhaut
Pilze, seltener Viren oder Entzündungen der Follikel, können Haarausfall im Kindesalter auslösen. Zumeist steckt der Erreger Tinea capitis hinter den Symptomen. Dieser ungefährliche Pilz betrifft Kinder, die auf dem Land leben häufiger als jene in der Großstadt, da der Übertragungsweg über Tiere stattfindet. Die Begleiterscheinungen der Pilzinfektion sind unbequem. Es zeigt sich eine gerötete, stark schuppige und juckende Kopfhaut. An den befallenen Stellen fallen die Haare komplett aus oder brechen ab. Der Arzt wird bei diesem Pilzbefall zu einer lokalen Behandlung raten. Daneben muss auf eine strenge Hygiene im Haushalt geachtet werden, damit die Pilzsporen sich nicht weiter ausbreiten. Waschen Sie alle Handtücher und die Bettwäsche bei mindestens 60 Grad und teilen Sie sich in der Familie keine Haarbürsten und Kämme. Reinigen Sie die Gegenstände nach Gebrauch stets mit heißem Wasser.
Nährstoffmangel
Damit Haare sich gut entwickeln können, werden die richtigen Nährstoffe benötigt. Dafür sind vor allem die Vitamine A und E entscheidend. Wenn Kinder einseitig und zu viel zuckerhaltige Lebensmittel sowie Fertigprodukte essen, fehlen Nährstoffe zur Haarbildung. Eine Ernährungsumstellung mit viel frischem grünem Gemüse, Beeren, Avocados und Nüssen wirkt dem Haarausfall entgegen.
Traktionshaarausfall bei Kindern
Traktionshaarausfall betrifft häufig Mädchen. Aufgrund einer fehlerhaften Haarpflege oder einer übermäßigen Benutzung von ungeeigneten Haargummis kann es bei Kindern und Heranwachsendem zu Haarausfall und Abbrechen der Haare kommen. Typisch für dieses Krankheitsbild sind abgebrochene Haare und Entzündungen der Follikel. Am Kopfrand zeigen sich vernarbte Bereiche. Auch Jugendliche, deren Haar stark gekraust ist, können von Traktionshaarausfall betroffen sein. Vor allem, wenn versucht wird, die Haare permanent mit einem straffen Zug zu glätten oder Kunsthaar und Rastazöpfe eingeflochten werden. Bei Stresssituationen in der Schule und im Privatleben kann es – wie bei Erwachsenen auch – passieren, dass Kindern die Haare ausgehen.
Bei der sogenannten Trichotillomantie reißen sich Kinder zwanghaft selbst die Haare aus, was zu einem Verlust der Haardichte führt. Erkennbar ist das an nicht exakt begrenzten Arealen mit unterschiedlich langen Haaren. Bei einer Untersuchung werden häufig Einblutungen oder Anzeichen von Entzündungen sichtbar. Ursachen, die zu diesem Zwangsverhalten führen, liegen in psychologischen Konflikten.
Wenn die Harre bei Kinder und Jugendliche an einigen Stellen abnormal kurz sind, aber keine weiteren Anzeichen einer Entzündung zu erkennen sind, ist von einer Trichotemnomanie die Rede. Bei dieser psychischen Störung schneiden Kinder heimlich ihre Haare ab, klagen bei ihren Eltern jedoch über Haarausfall. Als Eltern sollten Sie den Rat des Kinderarztes suchen, der eine geeignete Psychotherapie empfehlen kann.
Generalisierter Haarausfall bei Kindern
Das Anagenhaar-Syndrom betrifft häufig blonde Mädchen zwischen vier und sechs Jahren. Ein typisches Symptom sind feine, glanzlose und fast farblose Haare, die sich leicht ausziehen lassen. Ursachen für diese Erkrankung liegen in einem Defekt der inneren Wurzelscheide in den Haarfollikeln begründet. In der Regel hört dieser Haarausfall mit dem Beginn der Pubertät auf, wenn sich die Haare fest in den Haarwurzeln verankern.
Haarausfall bei Kindern in Verbindung mit Narben
Manchmal geht ein Haarausfall bei Kindern auch mit einer Narbenbildung einher. Ursachen können tief sitzende Pilzinfektionen der Kopfhaut sein oder Hauterkrankungen wie Epidermolysis bullosa oder eine Knötcheflechte (Lichen ruber follicularis), bei der sich Bläschen auf der Kopfhaut bilden. Auch eine systemische Autoimmunerkrankung wie Lupus erythematodes kommt in Betracht. Neben Krankheiten und Infektionen kann ein angeborener Hautdefekt wie die seltene Aplasia cutis congenita der Grund für kindlichen Haarausfall sein. Hierbei bildet sich kurz nach der Geburt ein Geschwür auf dem Hinterkopf, das unter Narbenbildung abheilt.
Haarschaftanomalien als Grund für Haarausfall bei Kindern
Kommt es zu einer erhöhten Brüchigkeit der Haarschafte bei Kindern, können genetisch bedingte Haarbildungsstörungen, medizinisch Genotrichosen, der Grund sein. Bei der Form der Monilethrix zeigen sich unter dem Mikroskop perlenartige Verdickungen an den Haarschaften. Die Unterart Pseudomonilethrix ist hingegen charakterisiert von eher knotenartigen Gebilden in Kombination mit Teilen des Haarschaftes von normaler Dicke. Gleichzeitig können Verdickungen der Finger-und Fußnägel auftreten. Ein aufgesplitterter Haarschaft wird als Trichorrhexis nodosa bezeichnet. Es gibt eine angeborene und eine erworbene Form. Manche Kinder leiden so stark an dieser Krankheit, dass der ganze Kopf nur noch mit Stoppeln bedeckt ist. Abgeflachte Haare, die um die Längsachse gedreht sind und bei denen Gruppen von drei bis maximal zehn Haare zusammenstehen, werden als Pili torti bezeichnet. Die Krankheit, für die es keine Therapie gibt, kann angeboren sein oder sich mit Beginn der Pubertät zeigen.
Genetisch bedingter Haarausfall
Das Menkes-Syndrom wird rezessiv vererbt. Es handelt sich dabei um einen Defekt im Kupferstoffwechsel. Während die Kinder sich zunächst normal entwickeln, findet ab dem dritten Lebensmonat eine deutliche Verlangsamung der Psychomotorik statt und das Kopfhaar beginnt, sich zu verändern. Das Haar ist dann sehr kurz, brüchig und sehr hell. Von der Struktur her erinnert es an Stahlwolle. Betroffene Kinder versterben häufig bis zum zweiten Lebensjahr. Die Krankheit betrifft häufiger Jungen als Mädchen. Umgekehrt verhält es sich beim Netherton-Syndrom. Bei dieser Erbkrankheit kommt es zu sogenannten Bambus-Haaren, die glanzlos und stumpf sind sowie leicht brechen. Eine Behandlung mit Etretinat ermöglicht eine normale Keratinbildung. Einen extrem niedrigen Schwefelgehalt und unter dem Lichtmikroskop deutlich helle und dunkle Zonen zeigen die Haare bei einer Trichothiodystrophie. Bei dieser sehr seltenen Erbkrankheit brechen die Haare am Schaft.