Ohne Zweifel gehören Cluster-Kopfschmerzen zu den schlimmsten Schmerzen überhaupt. Nach einer Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN) sind in Deutschland etwa 70000 Menschen von diesem Leiden betroffen. Bewährte Mittel, die bei Migräne oder Spannungskopfschmerz oft Linderung verschaffen, sind beim Cluster-Kopfschmerz wirkungslos. Betroffene sollten sich in jedem Fall fachärztlichen Rat einholen.
Was sind Cluster-Kopfschmerzen?
Cluster-Kopfschmerzen sind eine der schwersten und schmerzhaftesten Arten von Kopfschmerzen. Oft als „Selbstmord-Kopfschmerz“ bezeichnet, ist die Erkrankung meistens gekennzeichnet durch starke stechende Schmerzen um ein Auge herum. Oft werden die Schmerzen begleitet von Rötungen, tränenden Augen und Schwellungen oder Hängenbleiben des Augenlids. Patienten beschreiben die Schmerzen eines einzelnen Anfalls als schlimmer als alles andere, was sie erlebt haben.
Kopfschmerzen und Cluster-Kopfschmerzen gehören zur Klasse der primären Kopfschmerzen wobei Cluster-Kopfschmerzen die schwerste Form der primären Kopfschmerzen darstellen. Primäre Kopfschmerzen treten allein auf. Das bedeutet, dass es keine andere medizinische Krankheit oder kein anderes Problem gibt, das diese Kopfschmerzen verursacht. Im Gegensatz dazu werden sekundäre Kopfschmerzen durch eine bestehende Krankheit oder Erkrankung verursacht die das Gehirn betrifft. Das können zum Beispiel Hirntumore, hämorrhagische oder ischämische Schlaganfälle oder Kopfverletzungen sein.
Diese Art von Kopfschmerzen tritt in Clustern auf, das heißt die Anfälle gruppieren sich über mehrere Wochen zur gleichen Tages- oder Nachtzeit. Häufig betreffen die Schmerzanfälle nur eine Seite des Kopfes hinter dem Auge oder um das Auge herum. Oft klagt der Patient über Übelkeit und eine Migräne-ähnliches Wirkung. Der intensive Schmerz setzt etwa fünf bis zehn Minuten nach Beginn der Kopfschmerzen ein, die maximale Intensität kann über Stunden hinweg andauern.
Cluster-Kopfschmerzen sind zum Glück eine seltene Erkrankung und weniger verbreitet als Migräne oder Spannungskopfschmerzen. Die Krankheit kann für Monate oder Jahre verschwinden und zu einem späteren Zeitpunkt wieder auftreten. Das typische Alter des Auftretens liegt zwischen 20 und 40 Jahren, etwa 80 Prozent der Erkrankten sind Männer. Cluster-Kopfschmerzen können in zwei Arten auftreten:
Episodisch
Dieser Typ ist der häufigere. Hierbei können die Anfälle zwei bis drei Mal pro Tag auftreten und ein paar Monate anhalten. Im weiteren Verlauf des Jahres treten keine Schmerzen auf. Das Muster wiederholt sich jedoch im nächsten Jahr.
Chronisch
Der chronische Typ verhält sich ähnlich, aber leider ohne schmerzfreie Periode.
Die Ursachen von Cluster-Kopfschmerzen
Noch ist unbekannt, was genau die Cluster-Kopfschmerzen verursacht. Wie bei anderen Kopfschmerzsyndromen gibt es auch hier viele Theorien. Die meisten konzentrieren sich auf Probleme im autonomen Nervensystem oder dem Hypothalamus. Der Hypothalamus ist ein kleines, aber wichtiges Organ tief im Zentrum des Gehirns. Das Organ steuert die unbewussten Funktionen wie Zeitgefühl, Herzfrequenz, Verdauung und ist im Gehirn außerdem für rhythmische und zyklische Körperfunktionen verantwortlich. Die Beteiligung beider Systeme würde die periodische Art der Cluster-Kopfschmerzen erklären. Viele Experten glauben, dass Cluster- und Migränekopfschmerzen eine gemeinsame Ursache haben. Der Schmerz beginnt meistens am Trigeminusnerv der die Schmerzsignale zum Gehirn überträgt. Der Nerv endet an den Blutgefäßen die das Gehirn umgeben. Andere Wissenschaftler glauben, dass der Schmerz in den tiefen Blutgefäßen im Kopf auftritt und das Trigeminus-System nicht involviert ist.
Andere klinische Theorien und mögliche Auslöser sind:
- Unregelmäßigkeiten im Schlaf- und Wachmodus
- Rauchen
- Alkohol
- Bestehendes Schädeltrauma
- Genetische Ursachen
Symptome und Begleiterscheinungen von Cluster-Kopfschmerzen
Der Schmerz ist das dramatischte und definierende Symptom des Cluster-Kopfschmerzes. Anders als bei der klassischen Migräne tritt der Schmerz ohne Vorwarnungssymptome auf. Oft beginnt der Anfall mit einem brennenden Gefühl auf einer Seite der Nase, manchmal auch tief im Auge.
Schon nach wenigen Minuten ist der maximale Schmerz erreicht. Patienten beschreiben das Gefühl, als würde ihnen ein Eispickel durch das Auge getrieben. Sie verwenden außerdem Wörter wie quälend, explosiv und stechend. Dieser dramatische Augenschmerz fühlt sich oft ähnlich an, wie Elektroschocks. Er kann einige Sekunden andauern oder bis zu mehreren Stunden anhalten. Fast immer beginnt der Schmerz an einem Auge und auf einer Seite des Gesichts. Interessanterweise bleibt der Schmerz bei den meisten Patienten von Cluster zu Cluster an der gleichen Stelle im Gesicht. Nur bei einer Minderheit der Patienten wechselt der Schmerz während des nächsten Clusters auf die gegenüberliegende Gesichtsseite.
Zusätzlich zur Einseitigkeit sind folgende Merkmale, Anzeichen und Symptome kennzeichnend für den Cluster-Kopfschmerz:
- Augenreißen
- Verstopfte Nase
- Verengung des Augapfels
- Kein Schwitzen im Gesicht
- Gesichts- und Augenrötung
Cluster-Kopfschmerzen haben saisonale Schwankungen. Die meisten Attacken finden im Januar und Juli statt wo die Tage am kürzesten bzw. am längsten sind. Bei einigen Patienten kann das betroffene Auge anschwellen und das Lid hängt herab. Die Pupille kann sich verkleinern und die Bindehaut (das Gewebe im Inneren des Auges) ist gerötet. Außerdem kann es während eines Anfalls zu Nasenausfluss oder Stauung und Rissen des Auges kommen. Symptome, die auf der gleichen Seite wie die Schmerzen auftreten.
Im Gegensatz zu einem Migränepatienten sind Cluster-Patienten unruhig oder können bei einem Anfall unruhig werden. Die meisten sind nicht bereit, sich hinzulegen und ziehen es vor, sich hin und her zu bewegen. Üblich ist auch Druck auf die schmerzende Stelle auszuüben oder einen Eisbeutel über das schmerzende Auge zu legen.
Häufig werden die Patienten in der Nacht vom Schmerz geweckt. Nächtliche Attacken sind häufiger als am Tag. Ein großer Teil der Patienten berichtet auch, dass die Cluster-Kopfschmerzen in der Nacht stärker waren als am Tage. Die erste Attacke wird oft 90 Minuten nach dem Einschlafen erlebt und steht im Zusammenhang mit dem Beginn der REM-Phase. Schlafentzug, der aus diesen nächtlichen Attacken resultiert, kann weitere Attacken auslösen. Dieser Teufelskreis aus Schmerz und Schlafmangel demoralisiert den Betroffenen häufig und kann zu Depressionen und mitunter sogar Selbstmordgedanken führen.
Wie werden Cluster-Kopfschmerzen vom Arzt diagnostiziert?
Die meisten Menschen haben mehr als einmal Kopfschmerzen im Laufe ihres Lebens. Wie können die Ärzte also feststellen, ob es sich um eine Cluster-, Spannungs- oder Migränekopfschmerzen handelt? Während die meisten Forscher und Ärzte nicht genau wissen, was die Cluster-Kopfschmerzen verursacht, haben diese jedoch alle ein bestimmtes Muster. Zum Beispiel können Cluster-Kopfschmerzen ohne Warnung auftreten. Der Schmerz ist intensiv, brennend, stechend und durchdringend in oder um ein Auge herum.
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung sowie anderer Erkrankungen, die ähnliche Kopfschmerzsymptome hervorrufen, ist eine Diagnose nicht immer ganz einfach. Um eine sichere Diagnose zu stellen, muss der Arzt die Cluster-Kopfschmerzen von den anderen Erkrankungen wie beispielsweise einer atypischen Neuralgie, Trigeminusneuralgie oder Schmerzen im Kiefergelenk unterscheiden. Auch Krankheiten der Nasennebenhöhlen, des Kiefers, im Hals oder im Knochen des Kopfes können ähnliche Symptome verursachen.
Schwere explosivartige Kopfschmerzen können bei einem Patienten außerdem auf Blutungen im Kopf oder Gehirn hinweisen. Dieser neurologische Notfall muss sofort von einem Arzt behandelt werden. Starke Kopfschmerzen können auch Hinweise auf einen Gehirntumor oder einer Infektion im Kopf sein. Diese lebensbedrohlichen Zustände sind selten, sollten aber vom Arzt zuerst ausgeschlossen werden.
Die körperliche Untersuchung des Kopfes hilft, mögliche andere Ursachen für die Schmerzen zu finden. Zwischen den Attacken sind die physischen Befunde bei Patienten mit Cluster-Kopfschmerz normal. Patienten, bei denen ein ernster Zustand vermutet wird, werden vom Arzt zu weiteren Untersuchungen wie zum Beispiel CT- oder MRT-Untersuchungen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Lumbalpunktion. Dabei wird eine Hohlnadel in den Rückenmarkskanal eingeführt und Nervenwasser (Lumbalflüssigkeit) entnommen. Dies ist eine Möglichkeit, um festzustellen, ob die Ursache der Kopfschmerzen von einer Infektion oder einer Blutung herrührt.
Was hilft gegen Cluster Kopfschmerzen: Cluster Kopfschmerzen schnell behandeln
Cluster Kopfschmerzen vorbeugen
Cluster-Kopfschmerzen können unter Anleitung eines Arztes zuhause behandelt werden. Idealerweise wird der Patient von einem Arzt betreut, der mit dieser Art von Kopfschmerzen vertraut ist. Das kann zum Beispiel ein Neurologe, ein Schmerzarzt oder ein Hausarzt mit speziellem Training für Cluster-Kopfschmerzen sein.
Cluster-Kopfschmerzen können andauern, oder sie können kommen und gehen. Die Kopfschmerzen können auch von einem Typ zum anderen springen. Viele Patienten, die Cluster-Kopfschmerzen haben, sind für ein Jahr oder länger schmerzfrei, nur um den frustrierenden Zyklus der täglichen Kopfschmerzen wieder zu beginnen. Wie bei Migräne reagieren Menschen mit Cluster-Kopfschmerzen auf Therapien, die weit verbreitet sind. Mit richtiger medizinischer Behandlung und Anleitung können Patienten Cluster-Kopfschmerzen kontrollieren. Die Behandlung kann Therapien beinhalten, die eine akute Linderung der Symptome bewirken und helfen, die Anzahl der Attacken zu reduzieren.
Behandlung akuter Attacken
Aufgrund des schnellen Auftretens und der kurzen Zeit bis zur Spitzenintensität von Cluster-Kopfschmerzen ist eine schnell wirkende Therapie erforderlich. Zu den üblichen Therapien gehören:
Sauerstoff – Seit vielen Jahren wird hochwirksamer Sauerstoff zur Behandlung von akuten Cluster-Attacken eingesetzt. Bei richtiger Anwendung kann es sehr effektiv bei der Behandlung eines Anfalls sein.
Triptane – Zur Akutbehandlung von Migräne und Cluster-Kopfschmerzen werden seit 1993 Triptane eingesetzt. Das sind Wirkstoffe, welche die Freisetzung von Neurotransmittern blockieren. Diese Nervenblockaden werden verwendet, um die Schmerzübertragung zu stoppen indem dem Nerv eine Art Anästhesie verabreicht wird. Mit Triptanen werden außerdem Begleitsymptome wie Lärm- und Lichtempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen bekämpft.
Triptane können allerdings nur nach ärztlicher Voruntersuchung einschließlich EKG und Blutdruckmessung verabreicht werden. Gegenanzeigen sind Zustand nach Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch bei anderen Gefäßerkrankungen wie Bluthochdruck, Leber- und Nierenerkrankungen ist von der Verordnung von Triptanen abzuraten. Der Wirkstoff hat außerdem eine begrenzte Wirkzeit, danach können die Symptome wieder auftreten.
Präventive Behandlungsmethoden
Medikamente, die dazu beitragen, die Zahl der Cluster-Attacken zu reduzieren, werden als präventive Behandlungsmethoden bezeichnet. Vorbeugende Medikamente werden in der Regel so früh wie möglich verschrieben, um die Dauer der Kopfschmerzen zu verkürzen und die Schwere der Attacken zu verringern.
Kurzzeitbehandlungen und Brückentherapien
Übergangs- oder Brückentherapien können ebenfalls zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerz eingesetzt werden. Normalerweise dauert eine solche Therapie mehrere Wochen und wird oft zusammen mit anderen Therapien eingesetzt. Zu den üblichen Behandlungen gehören Kortikosteroide, die häufig parallel zur Einleitung präventiver Medikamente verschrieben um die Cluster-Kopfschmerzen schnell unter Kontrolle zu bringen. Zusätzlich wird manchmal auch Melatonin verschrieben, um niedrige Melatonin-Niveaus während der aktiven Zyklen auszugleichen.
Weitere Möglichkeiten zur Abhilfe
Eis-Pack – Viele Patienten mit Cluster-Kopfschmerzen legen bei einer Attacke einen Eisbeutel auf das schmerzende Auge oder Gesichtsfeld. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Kälteanwendung in manchen Fällen eine symptomatische Linderung der Kopfschmerzen bewirken kann.
Energiegetränke – Manchmal werden auch Energy Drinks zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen befürwortet. Es wird vermutet, dass das darin enthaltene Taurin den Kopfschmerz vermindern kann.
Wechselwirkungen
Bei der Einnahme mehrere Arzneimittel kann es zu Wechselwirkungen kommen. Ob es zu einer Wechselwirkung kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Die individuellen Risikofaktoren können nur der Arzt oder Apotheker abschätzen und falls notwendig angemessene Maßnahmen veranlassen.
Chirurgische Eingriffe
Für Patienten, deren Behandlung nicht wirksam ist oder die mit ihren derzeitigen Therapien unzufrieden sind, stehen prozedurale Interventionen zur Verfügung. Dazu gehören hochinvasive chirurgische Eingriffe wie zum Beispiel eine tiefe Hirnstimulation und okzipitale Nervenstimulation.
Darüber hinaus können viele Medikamente, die zur Behandlung von Migräne und starken Schmerzen verabreicht auch zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen eingesetzt werden.
Kann Cluster-Kopfschmerz geheilt werden? – Neue Therapieformen
Eine der neuesten Entwicklungen in der Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen ist die Sphenopalatine Ganglion (SPG) Stimulation. Das Ganglion Sphenopalatinum ist ein Nervenbündel hinter der knöchernen Struktur der Nase, von dem seit langem bekannt ist, dass es mit Schmerzbahnen bestimmter Kopfschmerzerkrankungen wie Cluster-Kopfschmerz assoziiert ist. In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass diese Behandlung die Symptome innerhalb von 15 Minuten wirksam reduziert. Bei einigen Patienten wurde auch eine Verringerung der Häufigkeit beobachtet.
SPG Stimulation funktioniert, indem ein Mikrostimulator in der Nähe der SPG platziert wird. Das ist kleiner als eine Mandel und wiegt nur 1,2 Gramm. Durch einen kleinen chirurgischen Eingriff wird der Mikrostimulator in das Zahnfleisch über die oberen Backenzähne implantiert. In dem Gerät befindet sich ein Mikrochip, der mit Hilfe einer Fernbedienung von außen aktiviert werden kann.
Durch ein minimal-invasives Verfahren leitet das Gerät milde elektrische Impulse an die SPG weiter, um die Schmerzmeldungen zu stören, bevor sie das Gehirn erreichen.
SPG Stimulation ist derzeit nur in einigen europäischen Ländern verfügbar und befindet sich in klinischen Studien. Da jeder Kopf seine individuelle Form hat, besteht die Schwierigkeit darin, das Implantat in die Nähe des Nervenknotens zu schieben. Zurzeit ist die Implantierung noch sehr teuer und die Nachbetreuung nur durch spezialisierte Ärzte und Techniker möglich.
Im Gegensatz zu den Schmerzmitteln welche die starken Schmerzen nur kurzfristig betäuben lässt sich durch die SPG Stimulation der Anfall komplett verhindern. Diese Therapie ist für jeden Patienten geeignet, dessen Lebensqualität durch die häufigen Attacken stark eingeschränkt ist.
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