Etwa zehn Prozent der Deutschen leiden unter Migräne. Das entspricht rund 9 Millionen Menschen, die zeitweilig oder regelmäßig milde bis sehr starke Kopfschmerz-Attacken erleben. Neben der „einfachen“ Form der Migräne gibt es noch die sogenannte Migräne mit „Aura“. An ihr leiden Schätzungen zufolge 20 bis 30 Prozent aller Migräne-Patienten. Mediziner sprechen von einer Migräneaura, wenn bei Patienten neben starken Kopfschmerzen weitere neurologische Symptome wie Gefühls-, Seh- und/oder Sprachstörungen auftreten. Häufig berichten Patienten von einem eingeschränkten Sichtfeld, Lichtblitzen oder einer einseitigen Blindheit, die den Schmerzen vorausgeht und sie zusätzlich einschränkt. Eine Behandlung gegen die Aura gibt es bislang nicht, jedoch ist es möglich, die eigentliche Migräne-Attacke durch frühzeitiges Handeln abzumildern.
Welche Ursache hat die Migräne mit Aura?
Bislang gibt es noch keine medizinische Erklärung für die Entstehung einer Migräne mit Aura. Das gilt ebenso für die Form ohne neurologische Begleiterscheinungen. Da in Familien mit Migräne oft mehrere Personen von den Kopfschmerz-Attacken betroffen sind, ist eine genetische Komponente bei der Krankheitsentstehung wahrscheinlich. Zudem können Umweltfaktoren bei der Entstehung einer Migräne eine Rolle spielen. Außerdem vermuten Forscher, dass ein Ungleichgewicht im Serotonin-Haushalt, Fehlfunktionen bei anderen Gehirn-Botenstoffen und Durchblutungsstörungen im Gehirn eine Rolle spielen. Letztere wurden bei Migräne mit Aura nachgewiesen. So konnten Forscher beobachten, wie sich bei einer Migräneaura die Gefäße in bestimmten Hirnarealen verengen. Möglicherweise spielt bei der Gefäßverengung wiederum das Serotonin eine wichtige Rolle.
Welche Symptome treten bei einer Migräne mit Aura auf?
Charakteristisch für diese Form der Erkrankung ist, dass die Symptome der Aura einige Zeit vor Beginn der Kopfschmerz-Attacke einsetzen. Sie sind sozusagen ein Vorbote derselbigen. Nur in wenigen Einzelfällen treten Aura und Migräne zeitgleich auf.
Häufig klagen Betroffene einer Aura über Symptome wie:
- Sehstörungen
- eine Einschränkung des Gesichtsfelds
- Empfindungsstörungen wie Kribbeln und Stechen
- eine Beeinträchtigung der Geschmacks- und Geruchswahrnehmung
- Lähmungserscheinungen im Gesicht und an den Gliedmaßen und/oder
- Sprachstörungen
Oft setzen die Symptome der Aura plötzlich ein und erreichen innerhalb weniger Minuten ihre volle Ausprägung. Die Beschwerden können zwischen zehn Minuten und einer Stunde andauern. Selten halten die Symptome mehrere Tage bis zu einer Woche an. Treten verschiedene Symptome hintereinander auf, kann sich die Gesamtdauer der Aura verlängern.
Wichtig: Da die genannten Symptome auch im Rahmen eines lebensbedrohlichen Schlaganfalls oder einer Hirnblutung auftreten können, ist bei erstmaligem Auftreten der Beschwerden eine sofortige ärztliche Untersuchung ratsam.
Häufigstes Symptom: Plötzliche Sehstörungen
Die Sehstörungen machen den Großteil der Beschwerden im Rahmen einer Aura aus. Sie treten bei 99 Prozent der Migräne-Patienten auf und äußern sich durch das Wahrnehmen von:
- Doppelbildern
- grellen Farben
- Lichtblitzen
- gezackten Linien und/oder
- wandernden blinden Flecken

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Selten können Betroffene auch für die Dauer der Aura auf einem Auge erblinden. Die Sehfähigkeit kehrt jedoch in den meisten Fällen nach spätestens einer Stunde zurück. Typisch für die Migräne mit Aura ist zudem, dass die Sehstörungen sowohl bei geöffneten als auch bei geschlossenen Augen auftreten.
Treten bei Migräne mit Aura immer dieselben Symptome auf?
Bei den meisten Betroffenen einer Migräne mit Aura laufen die Attacken immer nach demselben Muster ab. Während sich die Auren bei vielen Menschen ausschließlich auf visuelle Symptome beschränken, klagen andere vorwiegend über Probleme mit der Sprache, dem Geruchs-, Gefühls- oder Geschmackssinn. In seltenen Fällen vermischen sich die Symptome. Der stets identische Ablauf hat für Betroffene den Vorteil, dass sie sich frühzeitig auf die bevorstehende Kopfschmerz-Attacke vorbereiten und Ruhe suchen können. Im Laufe des Lebens kann sich die Aura verändern. Bemerken Sie im Rahmen Ihrer Migräne neue Symptome, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen. Er kann abklären, ob die Beschwerden auf die Aura oder aber eine andere Erkrankung zurückzuführen sind.
Kommt es bei Migräne mit Aura immer zu Kopfschmerzen?
Nicht zwingend. Die Aura kann auch isoliert ohne begleitende beziehungsweise nachfolgende Kopfschmerzen auftreten. Diese seltene Form der Erkrankung wird auch als „Migräne ohne Kopfschmerzen“ oder im Fachjargon als „Migraine-sans-migraine“ bezeichnet. Die isolierte Aura ist äußerst selten. Von den 20 Prozent aller Migräne-Patienten, die eine diagnostizierte Aura haben, haben wiederum nur 10 Prozent eine Aura ohne Kopfschmerzen. Besonders häufig ist dies bei älteren Menschen zu beobachten, da mit zunehmendem Alter die Intensität der durch die Migräne verursachten Schmerzen abnimmt. In der Folge treten zwar die Symptome der Aura auf, die eigentliche Kopfschmerz-Attacke bleibt aber aus oder fällt nur sehr mild aus. Die Migräne ohne Kopfschmerzen ist tückisch. So können ernsthafte neurologische Erkrankungen fälschlicherweise als Auren-Symptome wahrgenommen werden. Deshalb sollte insbesondere bei älteren Migräne-Patienten immer eine engmaschige Kontrolle durch einen Arzt erfolgen.
Übrigens: Auch der umgekehrte Fall ist möglich. Patienten, die normalerweise unter einer Migräne mit Aura leiden, können auch Kopfschmerz-Attacken ohne vorausgehende Aura haben.
Wie lässt sich Migräne mit Aura behandeln?
Eine einheitliche, wissenschaftlich etablierte Behandlung für Migräne mit Aura steht bislang nicht zur Verfügung. Auch gibt es derzeit keine medikamentöse Therapie, um die Symptome der Aura zu lindern oder zu stoppen. Allgemein gilt jedoch auch bei dieser Form der Migräne die Empfehlung, in einem abgedunkelten Raum Ruhe zu suchen und wenn möglich zu schlafen. Oft werden die Symptome der Aura dadurch milder und erträglicher.
Als Medikamente kommen bei der Migräne mit Aura die folgenden Schmerzmittel zur Anwendung:
- ASS (Acetylsalicylsäure)
- Ibuprofen
- Paracetamol
- Triptane
Ob diese Arzneimittel gegen die Aura helfen, ist von Fall zu Fall verschieden. Ansonsten gilt die Empfehlung von Ärzten, die Medikamente erst einzunehmen, nachdem die Symptome der Aura abgeklungen sind.
Neben der Behandlung mit Medikamenten ist es wichtig, auf mögliche Auslöser für Migräne-Attacken mit Aura zu verzichten beziehungsweise diese vorsorglich zu reduzieren. Hierzu gehören Alkohol und Nikotin, größere Mengen Koffein und Stress.
Hat Migräne mit Aura gesundheitliche Folgen?
Für Betroffene ist Migräne mit Aura eine belastende Erkrankung, die sie in ihrem Alltag sehr einschränkt. Dass die Kopfschmerz-Attacken für Patienten auch gravierende Langzeitfolgen haben können, war jedoch lange unbekannt. Die Langzeitstudie „Nurses‘ Health Study II“ zeigt aber, dass besonders junge Frauen, die an einer Migräne mit Aura leiden, ein um 50 Prozent höheres Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Ereignis wie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall haben. Besonders hoch ist die Gefahr, wenn zusätzliche Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Nikotinkonsum, Übergewicht und Stress hinzukommen. Bei Männern, die deutlich seltener an einer Migräne erkranken, konnte bislang keine vergleichbare Risikosteigerung nachgewiesen werden.
Junge Frauen, die an Migräne – insbesondere mit Aura – leiden, sollten deshalb medizinische Vorsorgeangebote nutzen, sich bewusst und gesund ernähren und Risikofaktoren wie übermäßigen Alkoholkonsum, Rauchen und Übergewicht abbauen.
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