Hexenschuss – in der medizinischen Fachsprache auch Lumbago genannt – kann jeden treffen. Eine einzige ungünstige Bewegung reicht aus, um die akuten und intensiven Schmerzen zu erzeugen. Worin die Ursachen für den plötzlichen Rücken liegen und was beachtet werden muss, wenn er auftritt, erfahren Sie hier.
Was ist ein Hexenschuss?
Was in der Umgangssprache als Hexenschuss bezeichnet wird, heißt in der Medizin „Lumbago“ und bedeutet übersetzt schlicht „Schmerz im unteren Rücken“.
Gemeint ist damit ein abrupt einsetzender, starker Schmerz in der Lendenwirbelsäule. Dieser kann nach verschiedenen und meist eher geringen Krafteinwirkungen auftreten und zahlreiche unterschiedliche Ursachen aufweisen. In der Regel ist Lumbago – oder Lumbalgie – wie das Geschehen auch genannt wird, absolut harmlos. Aber dennoch ausgesprochen schmerzhaft. Teils sind die Schmerzen so intensiv, dass das Aufrichten und normale Bewegungsabläufe kaum mehr möglich sind. Betroffene bewegen sich daher häufig mit Vorsicht und in einer Schonhaltung: mit einem „Hexen“-Buckel.
Was sind die Ursachen und Auslöser für einen Hexenschuss?
Wie erwähnt, können die Ursachen für einen Hexenschuss vielfältiger Natur sein. Ein typisches Beispiel ist eine dauerhafte Fehlbelastung der Rückenmuskulatur, beispielsweise bei einer sitzenden Tätigkeit am Arbeitsplatz. Die Muskulatur wird dadurch einerseits belastet beziehungsweise überlastet und verkümmert andererseits, weil die dynamische Bewegung fehlt. Hierdurch entstehen unter anderem Verspannungen und Fehlhaltungen.
Kommt es nun zu einer ungewohnten Belastung, wie dem Tragen einer Getränkekiste oder einer plötzlichen ungünstigen Bewegung, kann beispielsweise ein Nerv abgeklemmt oder eine Wirbelgelenk eingeklemmt werden. Hierdurch entsteht auch die Unbeweglichkeit, die häufig mit dem Hexenschuss einhergeht. Durch den Schmerzreiz zieht sich die Muskulatur zusammen und „blockiert“ jede weitere Bewegung.
Ursachen, Risikofaktoren und Auslöser für Lumbago sind also:
- Fehlhaltung
- Fehlbelastung
- einseitige Belastung
- Bewegungsmangel
- sitzende und stehende Tätigkeiten
- Haltungsschäden, beispielsweise durch eine Skoliose
- Verspannungen durch Stress
- Grunderkrankungen, die sich negativ auf die Muskulatur und / oder die Knochen auswirken, wie beispielsweise Osteoporose
- Überforderung beziehungsweise Überlastung, wie beispielsweise zu schwere Lasten
Was sind die Symptome des Lumbago?
Die Symptome sind unabhängig von der Ursache des Hexenschusses häufig sehr ähnlich. Charakteristisch ist jedoch in jedem Fall, dass der intensive Schmerz sehr plötzlich auftritt. Bei dem Auslöser kann es sich um eine Bewegung, Heben oder Tragen handeln. Bei der Bewegung muss es sich nicht um einen ungewöhnlichen Bewegungsablauf handeln. Es reicht aus, sich umzudrehen oder aufzustehen.
Auch beim Heben oder Tragen sind keine schweren Gewichte notwendig. Oftmals ist der Hexenschuss jedoch damit verbunden, dass das Heben und Tragen mit der falschen Körperhaltung erfolgt – also aus dem Rücken heraus und nicht aus den Knien heraus gehoben wird.
Die Anzeichen für den Hexenschuss bestehen zudem aus den folgenden Beschwerden:
- plötzlich einsetzender, intensiver Schmerz im unteren Rücken
- Verhärtung der Muskulatur
- Bewegung des Rückens fallen schwer oder sind kaum möglich
- Arme und Beine können normal bewegt werden
- Schmerzen sind pochend, stechend, ziehend oder drückend
Dass sich Arme und Beine noch bewegen lassen und keine Missempfindungen oder gar Taubheit vorliegen ist wichtig zur Abgrenzung des Lumbago von einem Bandscheibenvorfall. Treten hingegen Lähmungserscheinungen auf, kann der Harn nicht mehr kontrolliert werden oder wirken die Beine wie gelähmt, handelt es sich wahrscheinlich um einen Bandscheibenvorfall. In diesem Fall muss sofort ein Arzt aufgesucht werden.
Diagnose: Wie wird der Hexenschuss festgestellt?
Wichtig für die Diagnose ist zum einen die Anamnese, also ein Arztgespräch, bei dem den Betroffenen verschiedene Fragen zur Lebensweise, Krankengeschichte und den Beschwerden gestellt werden. Traten die Schmerzen plötzlich beim Bücken auf und bestehen keine weiteren Beschwerden, wie Missempfindungen oder Taubheit, liegt die Diagnose Hexenschuss nahe.
Dennoch wird zum Ausschluss eines Bandscheibenvorfalls eine körperliche Untersuchung angeschlossen. Hierbei werden der Rücken und die Beweglichkeit sowie die Empfindungen kontrolliert. Durch spezielle Bewegungen und Abtasten kann getestet werden, ob die Funktionalität in normalem Maße gegeben ist. Bei unklaren Ergebnissen oder dem Verdacht auf eine ernsthaftere Entwicklung, werden zudem bildgebende Verfahren eingesetzt. Dabei handelt es sich in der Regel um Röntgenbilder und MRT-Aufnahmen.
Gerade das MRT bietet die Möglichkeit, potenzielle oder bereits bestehende Probleme im Detail zu erkennen. Dadurch kann gezielt dagegen vorgegangen werden, um beispielsweise einem drohenden Bandscheibenvorfall vorzubeugen.
Experte im Gespräch: Dr. med. Ralf Hempelmann
Experteninfo:
Dr. med. Ralf Hempelmann ist leitender Arzt der Wirbelsäulenchirurgie und Neurochirurgie an der HELIOS-ENDO-Klinik in Hamburg.
Therapie und mögliche Behandlungen bei Hexenschuss
Noch vor einigen Jahren wurde bei einem Hexenschuss eine längerfristige Schonung empfohlen. Diese Empfehlung gilt mittlerweile jedoch als veraltet. Stattdessen lautet der medizinische Rat, so schnell wie möglich wieder leichte Bewegungen auszuführen. Durch die Bewegung werden die verspannten Muskeln gelockert und die Blockade schneller gelöst.
Neben der Bewegung kann auch das gezielte Anwenden von Wärme sinnvoll sein und schmerzlindernd wirken. Durch Wärmepads, Körnerkissen, Wärmepflaster oder Wärmesalben kann der schmerzende und verspannte Bereich sehr genau behandelt werden.
Nimmt der Schmerz durch den Hexenschuss nach wenigen Tagen nicht deutlich ab, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann Schmerzmittel, Muskelrelaxantien oder auch eine Therapie mit Injektionen direkt in den Rücken anwenden, um die Verspannung und Blockade zu lösen und die Schmerzen wirksam zu lindern. Das Verschreiben einer anschließenden Physiotherapie ist ebenfalls möglich.
Krankheitsverlauf & Prognose bei einem Hexenschuss
Die Schmerzen und eingeschränkte Bewegungsfähigkeit sind direkt nach dem Hexenschuss am schlimmsten. Für den ersten Tag beziehungsweise die ersten Tage empfiehlt sich daher auch ein Liegen in einer für den Rücken entlastenden Position. Diese kann erreicht werden, indem die Füße und Waden so erhöht gelagert werden, dass die Knie im rechten Winkel zum Körper zu liegen kommen.
Durch Schonung, leichte Bewegung, Wärme und ein Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen sollten die Schmerzen innerhalb weniger Tage deutlich in der Stärke abnehmen und nach einer Woche vollständig verschwunden sein. Ist dies nicht der Fall oder sind die Beschwerden sehr stark, muss ein Arzt aufgesucht werden. Das gilt auch dann, wenn neben Schmerzen und einer leichten Bewegungseinschränkung. Missempfindungen oder Lähmungen auftreten.
Prävention: Kann einem Hexenschuss vorgebeugt werden?
Ein gesunder Rücken ist weniger anfällig für Verspannungen, Schmerzen und Haltungsschäden ebenso wie für einen Hexenschuss oder Bandscheibenvorfall. Vor allem Menschen, die hauptsächlich im Sitzen oder Stehen arbeiten, müssen dafür jedoch einige Faktoren im Alltag beachten. Auch körperlich belastende Berufe und Personen mit einer genetischen Veranlagung für Rückenprobleme sollten in besonderem Maße auf Risikofaktoren achten und diesen vorbeugen.
Dabei handelt es sich um:
- Gesundes Sitzen:
Wer täglich lange sitzt, sollte seinen Arbeitsplatz ergonomisch gestalten. Dazu gehört nicht nur ein bequemer und in der Größe angepasster Stuhl, der dynamisches Sitzen erlaubt. Auch der Schreibtisch muss in der Höhe so angepasst sein, dass eine bequeme und rückenfreundliche Haltung möglich ist. - Ausreichend Bewegung:
Auch der beste Stuhl wirkt immer noch Druck auf den Rücken aus. Wirbelsäule und Muskulatur werden belastet und Verspannungen können entstehen. Daher sollte während des Arbeitstags auf regelmäßige Bewegung geachtet werden. Aufstehen, für einige Minuten laufen und Bürogymnastik lassen sich ganz einfach in den Alltag integrieren. Klären Sie Fragen beispielsweise nicht per Telefon oder Mail, wenn Sie lediglich drei Büros weitergehen müssen. Rollen Sie nicht mit dem Stuhl zum Drucker, sondern stehen Sie auf. Nutzen Sie Telefonate, um in Ihrem Büro ein paar Schritte zu gehen. Gemeinsam mit ein paar unauffälligen Dehnungsübungen kann der Rücken entlastet und Verspannungen vorgebeugt werden. - Rückenschule:
Wenn bereits Probleme im Bereich des Rückens bestehen, können Physiotherapie und Rückenschule einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und Haltung haben. Auch wenn es sich lediglich um gelegentliche Rückenschmerzen durch Verspannung handelt, kann Rückenschule sinnvoll sein. Die fachkundige Anleitung hilft zumindest am Anfang dabei, die Übungen richtig auszuführen und die Muskulatur gezielt zu lockern und zu stärken. - Rückengesunder Schlaf:
Wer morgens bereits mit Verspannungen und Schmerzen aufsteht, sollte in eine neue orthopädische Matratze investieren. Alternativ kann ein Topper für bequemeres Liegen getestet werden. Sinnvoll ist zu diesem Zweck eine fachkundige Beratung, die auf Größe, Körpergewicht und eventuell bestehende Rückenprobleme abgestimmt ist. - Massagen:
Gelegentliche Massagen können erheblich dazu beitragen, vorhandene Verspannungen zu lösen, die Durchblutung und Entspannung zu fördern. Bei bereits bestehenden Problemen im Bereich des Rückens ist es empfehlenswert, zu diesem Zweck eine Physiotherapie aufzusuchen. Manuelle Therapien und Massagen können auch vom Arzt verschrieben werden, sodass bei gesetzlichen Versicherungen nur ein geringer Betrag zugezahlt werden muss. - Stress vermeiden:
Stress und Anspannung haben – vor allem, wenn sie über längere Zeit hinweg bestehen – eine negative Auswirkung auf die Gesundheit. Die psychische Belastung kann Verspannungen verursachen und damit das Risiko für Schmerzen, Fehlhaltungen und Fehlbelastungen erhöhen. Diese Faktoren können einen Hexenschuss begünstigen. - Auf die Haltung achten:
Eine schlechte Haltung zwingt die Wirbelsäule in eine ungünstige Position. Hierdurch können sich einzelne Wirbel verschieben. Je länger die schlechte Haltung beibehalten wird, umso mehr passen sich auch die Muskeln daran an. Verspannungen und Verschiebungen der Wirbel stellen entscheidende Risikofaktoren für einen Hexenschuss dar. - Sport:
Körperliche Fitness stärkt und lockert die Muskulatur zugleich. Eine starke Rückenmuskulatur ist wiederum eine der wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen gegen Hexenschuss und andere Rückenprobleme. Allerdings sollte nicht nur der Rücken trainiert werden. Entscheidend ist vor allem ein gutes Zusammenspiel zwischen der Bauch- und der Rückenmuskulatur. Um diese zugleich zu trainieren, bieten sich zahlreiche verschiedene Sportarten an. Ganzkörpertraining, Körpergewichtstraining, Yoga, Pilates und Schwimmen sind beispielsweise geeignet. Der Vorteil an Yoga ist zudem, dass zugleich ein entspannender Effekt besteht und Stress abgebaut werden kann. Verspannungen, Rückenschmerzen und Hexenschuss kann daher auf mehrfache Weise vorgebeugt werden. Ein weiterer Vorzug an Yoga und ähnlichen Sportarten ist, dass das Körperbewusstsein erheblich gesteigert werden kann. - Balance-Übungen:
Der Rücken fängt jede Bewegung ab und gleicht sie aus. Besteht jedoch eine Fehlhaltung, merken Betroffene oftmals nicht mehr, dass sie sich einseitig belasten. Durch das Trainieren des Gleichgewichtssinns kann die daraus resultierende Fehlbelastung ausgeglichen werden. Bei Sportarten wie Yoga finden sich entsprechende Positionen und Übungen. Durch simple Physiotherapie-Geräte kann die Balance aber ebenfalls trainiert und verbessert werden. Hierzu eigenen sich beispielsweise Balance-Pads oder Wackelbretter.