Herzrasen: Ursachen, Diagnose, Therapie
Der Herzschlag ist beschleunigt und so stark, dass er oftmals bis in den Hals zu spüren ist: Jeder leidet hin und wieder unter Herzrasen, vor allem in Verbindung mit Vorfreude, Angst oder Aufregung. Herzrasen – Fachbegriff Tachykardie – kann jedoch auch auf eine Herzkrankheit hinweisen. Einen Überblick über häufige Ursachen für Herzrasen sowie über Diagnoseverfahren und Behandlungsmöglichkeiten erhalten Sie hier.
Welcher Puls ist noch normal?
Der Puls liegt normalerweise bei rund 60 bis 80 Schlägen in der Minute. Liegt eine Tachykardie vor, ist er dauerhaft auf mehr als 100 Schläge pro Minute beschleunigt. Lediglich bei Kindern ist eine Pulsfrequenz von mehr als 100 Schlägen in der Regel nicht beunruhigend, denn sie haben meist von Natur aus einen schnelleren Herzschlag als Erwachsene.
Ärzte unterscheiden zwischen zwei Formen von Herzrasen: Die supraventikuläre Tachykardie entsteht außerhalb der Herzkammern und ist in der Regel harmlos. Der Ursprung der ventrikulären Tachykardie liegt hingegen direkt in der Herzkammer. Das Risiko für gefährliches Kammerflimmern ist bei dieser Form der Tachykardie sehr groß, weshalb eine Behandlung unerlässlich ist.
Des Weiteren kann Herzrasen chronisch oder akut auftreten. Akutes Herzrasen – etwa aufgrund von Panik – stellt für ein gesundes Herz normalerweise kein Problem dar. Chronisches Herzrasen ist ein Fall für den Kardiologen (Herzspezialisten).
Harmlose Ursachen für Herzrasen
1. Gutartiges Herzrasen
Gutartiges Herzrasen wird von Medizinern auch als Herzjagen bezeichnet. Der Puls steigt plötzlich und unabhängig von bestimmten Situationen an und kehrt genauso unerwartet zu einem normalen Niveau zurück. Viele Betroffene erleiden die Anfälle vorrangig in Ruhe oder einige Zeit nach körperlicher Anstrengung. Typische Begleitsymptome sind Schwindel, Übelkeit und Druck auf der Brust. Obwohl diese Form des Herzrasens in der Regel harmlos ist, sollte ein Arzt aufgesucht werden, damit die konkrete Ursache abgeklärt werden kann – nicht zuletzt, weil plötzliches Herzjagen den Alltag beeinträchtigen und sich negativ auf die Fahrtüchtigkeit auswirken kann. Sogar eine Ohnmacht ist bei stark ausgeprägtem Herzjagen möglich.
2. Stress, Freude, Angst
Wenn wir Angst oder sogar Panik verspüren oder unter einem hohen Stresslevel leiden, steigt unser Puls mehr oder weniger stark an. Das ist vollkommen normal und kein Grund zur Besorgnis. Auch dann, wenn wir uns freuen oder im Zuge eines spannenden Fußballspiels Aufregung empfinden, beschleunigt sich der Herzschlag. Gleiches gilt bei körperlicher Anstrengung, etwa beim Sport.
Häufige Herzkrankheiten im Überblick
Die Hauptursache für Herzrasen ist das Herz selbst. So kann eine verminderte Durchblutung den Pulsschlag ebenso erhöhen wie ein gestörter Sinusknoten. Der Sinusknoten befindet sich im rechten Vorhof des Herzens und fungiert als wichtigster Schrittmacher der Herzfrequenz. Bei einer Sinustachykardie arbeitet der Sinusknoten beschleunigt, vor allem bei Angst, aber auch bei Fieber. Einen Überblick über weitere häufige Herzkrankheiten erhalten Sie nachfolgend.
1. Vorhofflimmern
Vorhofflimmern wird von den Betroffenen oftmals gar nicht wahrgenommen. Die Muskulatur in den Vorhöfen neigt zum Flattern/Flimmern, wodurch es zu einer unregelmäßigen, beschleunigten Herzfrequenz mit mehr als 100 Schlägen pro Minute kommt. Vorhofflimmern ist normalerweise nicht lebensgefährlich, sollte jedoch engmaschig vom Kardiologen kontrolliert werden.
Während Vorhofflimmern in der Regel relativ harmlos ist, stellt Kammerflimmern einen medizinischen Notfall dar. Es kommt zu einer stark beschleunigten Kontraktion der Herzkammern mit 200 bis 800 Schlägen in der Minute. In der Folge wird das Blut nicht mehr in den Kreislauf gepumpt, der Patient verliert das Bewusstsein und es kommt schlimmstenfalls zum Kreislauf- und Atemstillstand.
2. AV-Knoten-Reentry-Tachykardie
Bei der AV-Knoten-Reentry-Tachykardie kommt es zu kreisförmigen Erregungen zwischen den Herzkammern, die einen beschleunigten Herzschlag zur Folge haben. Diese Form der Tachykardie ist nicht gefährlich – Betroffene können vom Arzt sogar bestimmte Manöver erlernen, um das Herzrasen bei Bedarf schnell in den Griff zu bekommen. Auch hier gilt jedoch: Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt oder Kardiologen sind empfehlenswert, um den Verlauf der Erkrankung zu dokumentieren und bei Bedarf mit Medikamenten entgegenzuwirken.
3. Wolff-Parkinson-White-Syndrom
Das Wolff-Parkinson-White-Syndrom wird nur dann behandelt, wenn konkrete Beschwerden vorliegen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Grundsätzlich kommt es zu einer verstärkten Reizleitung zwischen Vorhof und Herzkammer, die plötzliches Herzklopfen auslösen kann. In schweren Fällen steigt der Puls so stark an, dass es zur Bewusstlosigkeit kommt.
4. Koronare Herzkrankheit
Die koronare Herzkrankheit ist eine Durchblutungsstörung des Herzens, die das Risiko für Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt deutlich erhöht. Auch das Erregungsleitungssystem des Herzens kann durch eine koronare Herzkrankheit beeinträchtigt sein.
Weitere mögliche Ursachen für Herzrasen
Herzrasen steht nicht immer in direktem Zusammenhang mit dem Herzen. Es kann auch durch andere Krankheiten und Störungen verursacht werden, beispielsweise durch:
- Bluthochdruck
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- hormonelle Schwankungen (etwa in den Wechseljahren)
- Anämie (Blutarmut)
- Lungenembolie
- Vergiftungen
- Drogen, Nikotin, Koffein
Auch Verletzungen mit hohem Blutverlust gehen häufig mit einem beschleunigten Puls einher. Es kommt zum Schockzustand: Der Blutdruck ist sehr niedrig, doch das Herz rast. Bei Verdacht auf einen Schock ist sofort ein Notarzt zu rufen!
Welche Erste-Hilfe-Tipps können bei Herzrasen helfen?
Vor allem dann, wenn Herzrasen durch eine akute Stresssituation oder durch Angstgefühle ausgelöst wird, kann es bereits helfen, tief ein- und auszuatmen. Alternativ können Sie auch Ihren Hals massieren – und zwar dort, wo Sie Ihren Puls spüren. Hier sitzt der Karotissinusnerv, der für die Steuerung des Blutdrucks verantwortlich ist. Durch eine sanfte Massage kann sich die Herzfrequenz reduzieren. Da auch der Blutdruck etwas abfallen kann, sollten Sie dieses Verfahren jedoch nur im Liegen oder Sitzen durchführen. Eine weitere Methode, um Herzrasen zu lindern, ist das sogenannte Valsalva-Manöver, welches auch zum Druckausgleich im Innenohr angewandt wird: Halten Sie sich die Nase zu und atmen Sie bei geschlossenem Mund vorsichtig aus. Dadurch steigt der Druck im Brustkorb leicht an und die Herzfrequenz verlangsamt sich. Den gleichen Effekt erzielen Sie, wenn Sie ein kohlensäurehaltiges Getränk trinken und danach aufstoßen. Das Herzrasen lässt dann in der Regel rasch nach.
Wann zum Arzt?
Nehmen Sie Herzprobleme keinesfalls auf die leichte Schulter, denn eine unbehandelte Herzkrankheit kann schlimmstenfalls zum Herzinfarkt oder sogar zum Herzstillstand führen. Wenn Ihre Herzfrequenz dauerhaft bei über 100 Schlägen pro Minute liegt, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Ein anhaltender Puls über 120 gilt als bedrohlich, und ab einer Herzfrequenz von 150 Schlägen liegt eine ausgeprägte Tachykardie vor, die unbedingt ärztlich behandelt werden muss.
Starkes Herzrasen kann auch ein Fall für den Notarzt sein. In folgenden Fällen sollten Sie den Rettungsdienst rufen:
- Das Herzrasen vergeht auch nach längerer Zeit nicht selbstständig.
- Der Betroffene leidet zusätzlich unter Engegefühlen in der Brust, Brustschmerzen, Atemnot und/oder Kurzatmigkeit.
- Der Betroffene verliert das Bewusstsein.
Was macht der Arzt?
Wenn Sie mit dem Symptom Herzrasen einen Arzt konsultieren, wird dieser Ihnen zunächst einige Fragen stellen, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Hier mögliche Fragen im Überblick:
- Wann ist das Herzrasen erstmalig aufgetreten?
- In welcher Häufigkeit leiden Sie unter Herzrasen?
- Können Sie das Herzrasen mit bestimmten Situationen in Verbindung bringen?
- Schlägt Ihr Herz auch während des Herzrasens weiterhin regelmäßig?
- Wie hoch ist Ihr Puls während des Herzrasens?
- Wie lange dauert ein Anfall? Vergeht er selbstständig?
- Haben Sie aufgrund von Herzrasen schon einmal das Bewusstsein verloren?
- Kommt Tachykardie gehäuft in Ihrer Familie vor?
- Leiden Sie unter weiteren Beschwerden, beispielsweise unter Atemnot oder Druckgefühlen in der Brust?
Auf das Patientengespräch folgt eine körperliche Untersuchung, die unter anderem das Abhören der Herztöne, der Lunge und das Abtasten des Bauchraums umfasst. In der Regel wird auch ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt – ein normales EKG, welches innerhalb weniger Minuten abgeschlossen ist, oder ein Langzeit-EKG über 24 Stunden. Bei Verdacht auf eine Herzkrankheit kann der Arzt außerdem ein Herzultraschall (Echokardiografie) anordnen. Diese Untersuchung dient dazu, Form, Größte und Funktionsfähigkeit des Herzens zu bestimmen. Sie erfolgt entweder von außen über die Haut oder über die Speiseröhre.
Wie wird Herzrasen therapiert?
Bleiben sämtliche Untersuchungen ohne Befund, wird das Herzrasen aller Wahrscheinlichkeit durch Stress und/oder Angst ausgelöst. In diesem Fall kann der Patient seine erhöhte Herzfrequenz meist mithilfe von Entspannungstechniken oder leichten Beruhigungsmitteln in den Griff bekommen. Schlagen diese Behandlungsmethoden nicht an, kommt eventuell eine Überweisung an einen Psychotherapeuten infrage.
Diagnostiziert der Arzt eine Herzkrankheit, kommen meist Medikamente zum Einsatz, beispielsweise Betablocker, die den Blutdruck senken und dabei auch den Herzschlag verlangsamen. Antiarrhythmika bekämpfen Herzrhythmusstörungen, während Blutgerinnungshemmer das Thromboserisiko reduzieren.
Herzrasen als Stresssymptom: Tipps zur Vorbeugung
Wenn Sie unter stressbedingtem Herzrasen leiden, können Sie einiges tun, um Ihre Herzfrequenz langfristig zu reduzieren. Besonders wichtig sind Entspannungsübungen, denn diese verringern die Stressanfälligkeit. Bewährt haben sich beispielsweise Autogenes Training und Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Auch Yoga fördert die innere Ausgeglichenheit und trägt dazu bei, dass Herzrasen gar nicht erst auftritt.
Des Weiteren sollten Sie Ihren Lebensstil überdenken, sich gesund und ausgewogen ernähren und auf Nikotin und Alkohol möglichst verzichten. Koffein (Kaffee, Cola-Getränke), sollte nur in sehr geringen Maßen konsumiert werden. Experten empfehlen außerdem, regelmäßig Sport zu treiben, um Stress abzubauen und die Herzgesundheit zu fördern.
In akuten Stressphasen können Sie zu pflanzlichen Beruhigungsmitteln greifen, beispielsweise zu Baldrian-Präparaten. Diese wirken jedoch nur kurzfristig – besser ist es daher, Sie erlernen Strategien zur Stressbewältigung, Versuchen Sie außerdem, einen Ausgleich durch Hobbys zu schaffen, die Sie voll und ganz ausfüllen und Sie den Alltag vergessen lassen. Dies kann beispielsweise eine Sportart sein, aber auch Malen, Zeichnen, Musizieren und Handarbeiten können sehr entspannend wirken und das körperliche und seelische Wohlbefinden steigern.
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