Parodontose (Parodontitis) ist eine weit verbreitete Erkrankung des Zahnhalteapparates, die unbehandelt zu Zahnproblemen und, im schlimmsten Fall, sogar zu Zahnverlust führen kann. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte über Entstehung und Ursachen von Parodontitis sowie effektive Vorbeuge- und Behandlungsmaßnahmen.
Was ist Parodontose / Parodontitis?
Bei der so genannten Parodontitis (umgangssprachlich: Parodontose) handelt es sich um eine chronische, bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparates (Parodontium). Dieser besteht aus einem stabilisierenden, den Zahn umgebenden Gewebe sowie den Kieferknochen. Hierzulande sind über die Hälfte (50 – 80 %) der Erwachsenen von Parodontose betroffen; in der Gruppe der über 45-Jährigen ist Parodontitis sogar die mit Abstand die häufigste Ursache für Zahnausfall. Parodontitis gehörtz zu den ansteckenden Infektionskrankeiten und kann leicht über den Speichel übertragen werden, z.B. beim Küssen oder der Benutzung desselben Bestecks.
Parodontose oder Parodontitis? – Was ist der Unterschied?
Im Grunde genommen meinen beide Begriffe das Gleiche, wobei sich die Bezeichnung Parodontose vor allem im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert hat. Der medizinische korrekte Begriff ist jedoch Parodontitis.
Parodontitis / Parodontose vs. Gingivitis (Zahnfleischentzündung)
Wie der Name bereits sagt, ist bei einer herkömmlichen Zahnfleischentzündung (medizinisch: Gingivitis) lediglich das Zahnfleisch (die Gingiva) entzündet, während bei einer Parodontotitits (Parodontose) der komplette Zahnhalteapparat, inklusive der Kieferknochen, betroffen ist. Allerdings geht einer Parodontitis meist eine Entzündung des Zahnfleisches voraus. Demnach gehören Zahnfleischentzündungen auch zu den häufigsten Auslösern von Parodontose.
Entstehung und Verlauf einer Parodontose / Parodontitis
Während sich die eher seltene aggressive Form von Parodontose durch einen plötzlichen und rasch voranschreitenden Gewebeverlust auszeichnet, entsteht Parodontitis in den meisten Fällen eher schleichend:
- Ausgangspunkt ist meist eine Zahnfleischentzündungung (Gingivitis). Das Zahnfleisch ist gerötet und geschwollen und blutet beim Zähneputzen. Wird die Entzündung des Zahnfleisches nicht rechtzeitig behandelt, kann diese weiter voranschreiten.
- Die erkrankte Gingiva beginnt, sich vom Zahn zu lösen. Infolgedessen entstehen Zwischenräume zwischen Zahn und Zahnfleisch, die so genannten Zahnfleischtaschen. Die mit der Zeit immer tiefer werdenden Taschen bieten ideale Lebensbedingungen für Bakterien.
- Die bakterielle Infektion breitet sich weiter aus und es kommt zu Zahnfleischschwund, d.h. das Zahnfleisch weicht immer weiter zurück, sodass aufgrund des fehlenden Gewebes im Zahnzwischenraum (Papillen) schwarze Dreiecke entstehen. Optisch gesehen werden die Zähne in diesem Stadium „immer länger“.
- Um einem weiteren Fortschreiten der Entzündung entgegenzuwirken, aktivitiert das körpereigene Immunsystem die knochenabbauenden Zellen, woraufhin das umliegende Gewebe und schlussendlich auch die Kieferknochen geschädigt werden. Die Folge: Einzelne oder mehrere Zähne werden locker und können sogar ausfallen.
Welche Folgen hat Parodontose / Parodontitis?
Neben Zahnfleischrückgang und Zahnverlust kann eine nicht behandelte Parodontitis/Parodontose noch weitere, teils schwerwiegende (!), Auswirkungen haben, die nicht nur den Rachenraum, sondern vielmehr den ganzen Körper betreffen. Denn über die entzündeten Zahnfleischtaschen besteht die Möglichkeit, dass die Bakterien in die Blutbahn gelangen und von dort aus auch andere Organe erreichen. So haben Parodontose-Patienten ein deutlich höheres Risiko, an Diabetes zu erkranken oder einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden. Gleiches gilt auch für andere Herzkreislauferkrankungen. Bei Schwangeren mit Parodontitis erhöht sich außerdem das Risiko einer Frührgeburt. Aus diesem Grund sollte man eine Parodontitis nicht auf die leichte Schulter nehmen. Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto besser.
Woran erkennt man Parodontose / Parodontitis? – Anzeichen und Symptome
Folgende Symptome können auf eine beginnende Parodontitis hindeuten:
- (häufiges) Zahnfleischbluten (z.B. beim Zähneputzen, der Verwendung von Zahnseide oder beim Essen von Obst)
- unangenehmer Mundgeruch
- Zahnfleischrückgang
- frei liegende Zahnhälse („länger werdende Zähne“)
- reizempflindliche/schmerzende Zähne (insbesondere bei kalten und heißen Reizen).
In einem späteren Stadium können noch
- ein geschwächtes Immunsystem
- das Austreten von Sekret (Zahnfleischtaschen)
- und Zahnlockerungen
sowie
- Schluckbeschwerden
- eine kloßige Sprache
- ein Klemmen des Kiefers
und Schwellungen im Gesichts- oder Halsbereich hinzukommen. In diesen Fällen besteht akuter Handlungsbedarf, da sich die Infektion nun bereits im gesamten Körper ausbreitet.
Wie wird eine Parodontose / Parodontitis vom Zahnarzt diagnostiziert?
Eine Parodontitis (Parodontose) wird leider oft erst erkannt, wenn die Erkrankung bereits weit vorangeschritten ist, weil die chronische Entzündung des Zahnfleisch in vielen Fällen jahrelang schmerzfrei verläuft. Suchen Sie daher bei den ersten Parodontose-Anzeichen einen Zahnarzt auf. Dieser misst mit einer kleinen Sonde die aktuelle Tiefe der Zahnfleischtaschen. Abgesehen davon, gibt ein spezieller Blutwert, der so genannte Parodontale Screening-Index (PSI) Aufschluss über den Schweregrad der Parodontitis. Um herauszufinden, wie weit die Kieferknochen bereits geschädigt sind, müssen zudem Röntgenaufnahmen gemacht und ggf. mit älteren Röntgenbildern verglichen werden. Gleichzeitig können so auch andere Ursachen für lockere Zähne (wie z.B. Wurzelentzündungen) ausgeschlossen werden.
Parodontose / Parodontitis: Ursachen und Risikofaktoren
Werden die weichen, bakteriellen Zahnbeläge (auch Plaque genannt), die sich nach jeder Mahlzeit auf den sauberen Zähnen bilden, nicht gründlich entfernt, verhärteten diese und es kommt zur Entstehung von Zahnstein, auf dessen Oberfläche sich wiederum die Bakterien rasant vermehren können. Karies und/oder Parodontitis sind demnach häufig auf eine schlechte Mundhygiene zurückzuführen. Doch es gibt noch weitere Faktoren, die Parodontitis verursachen können, von denen sich einige gegenseitig bedingen.
Genetische Veranlagungen
Auffällig ist, dass Parodontitis meist familiär gehäuft auftritt. Allerdings kann nach dem aktuellen Forschungsstand noch nicht klar gesagt werden, ob die Neigung zu Entzündungen des Zahnbettes auch tatsächlich genetisch bedingt ist. Möglich wäre auch, dass eine ähnliche Sozialistation auch zu einer ähnlichen, womöglich falschen Zahnpflege führt, dem Hauptauslöser für die Entstehung von Parodontose.
Geschwächtes Immunsystem
Ist die körpereigene Immunabwehr geschwächt (beispielsweise aufgrund eines Infekts oder einer Autoimmunerkrankung) steigt das Risiko für Zahnfleischentzündungen und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer Parodontitis. Gerade, wenn die Parodontose bereits im Kindesalter auftritt, ist meist ein schwaches Immunsystem für den Ausbruch der Erkrankung verantwortlich, häufig ausgelöst durch einen Immundefekt. Die Krankheit verläuft dann in der Regel schnell und aggressiv.
Vorerkrankungen
Auch diverse Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes Mellitus oder die Rhematoide Artrhitis schwächen das Immunsystem und sorgen dafür, dass das Zahnfleisch schlechter durchblutet wird, sodass sich Bakterien dort leicht ansiedeln können. Aber auch Osteoporose-Patienten sind überdurchschnittlich anfällig für Zahnfleischentzündungen, da die Erkrankung den Abbau des Kieferknochens fördert.
Hormonelle Umstellungen
Hormonelle Veränderungen, wie Sie in der Pubertät, während der Menopause oder auch in der Schwangerschaft typisch sind, haben nicht selten Auswirkungen auf die Empfindlichkeit des Zahnfleisches. Ist dieses besonders schmerzempfindlich, kommt es oft zu einer Vernachlässigung der Zahnpflege.
Ein ungesunder Lebensstil
Neben einer schlechten Mundhygiene, können auch Übergewicht, Stress und insbesondere das Rauchen von Zigaretten chronische Zahnbettentzündungen begünstigen. Das liegt daran, dass auch Nikotin die Durchblutung des Zahnfleisches beeinträchtigt. Nicht ohne Grund sind oder waren etwa 70 % aller Parodontose-Patienten Raucher.
Parodontose-Behandlung: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Parodontitis?
Das Ziel einer jeden Parodontitis-Therapie besteht darin, bestehende Entzündungsherde auszuschalten und zu erreichen, dass sich die entzündlichen Zahnfleischtaschen wieder zurückbilden. Wie die Behandlung im Einzelfall aussieht, ist immer auch abhängig davon, wie weit die Infektion bereits vorangeschritten ist.
„Geschlossene“ vs. „offene“ Parodontose-Behandlung
In einem ersten Schritt reinigt der Zahnarzt die betroffenen Stellen und entfernt dabei sämtliche Zahnbeläge sowie das entzündete Gewebe. Im Anschluss daran erfolgt eine Wurzelglättung, bei der die Zahnwurzeln zunächst gereinigt, geglättet und poliert werden. Der Zahnarzt verwendet dabei entweder Handinstrumente (Schaber und Küretten) oder maschinell betriebene Geräte (wie z.B. Schall oder Ultraschall). Diese so genannte „geschlossene“ Kürettage erfolgt unter einer lokalen Betäubung. Reicht die „geschlossene“ Reinigung von Zähnen und Zahnfleisch nicht aus, um die bestehende Entzündung in den Griff zu bekommen (beispielsweise bei besonders tiefen Zahnfleischtaschen) ist ein chrirurgischer Engriff nötig. Man spricht dann von einer „offenen“ Behandlung. Hierbei werden die Zahnfleischränder vom Zahn abgelöst. Anschließend wird ebenfalls das entzündete Gewebe enfernt und die erkrankten Bereiche dementsprechend gereinigt. In besonders schweren Fällen kann darüber hinaus auch ein Antibiotikum verschrieben werden. Dieses muss aber meist lokal aufgetragen werden, da die Parodontitis-Bakterien nur sehr schlecht über den Blutkreislauf zu erreichen sind.
Laserbehandlung als Alternative
Eine wesentlich schonendere, nicht-chirurgische Parodontitis-Behandlung, die für Entzündungen mit einer Zahnfleischtaschentiefe von bis zu 4-5 mm infrage kommt, ist die Entfernung des entzündeten Gewebes per Laser. Alternativ kann diese Methode auch nach einer OP angeewandt werden. Sie dient dann der zusätzlichen Desinfektion. Bedenken Sie jedoch, dass die Kosten für derartige Laserbehandlungen nicht von allen gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen werden. Erkundigen Sie sich im Zweifelsfall bei Ihrer Krankenkasse.
Behandlung mit Emdogain
Bei Emdogain handelt es sich um einen Stoff, der vorrangig aus Proteinen besteht, die vom Körper wieder aufgenommen werden können. Wird die Parodontitis rechtzeitig erkannt, kann das Material eingesetzt werden, um
- das Zahnbett wieder zu stabilisieren
- Zahnverlust vorzubeugen
- den Zahnhalteapparat wiederherzustellen.
Der Stoff wird hierfür direkt auf die Zahnwurzel aufgetragen, wo es die Bildung von neuem Zahnzement, Fasern und Kieferknochen unterstützt. Vorraussetzung für die Andwendung von Emdogain ist allerdings, dass die Parodontose noch nicht allzu weit vorangeschritten ist.
Nachsorge und Heilungschancen bei Parodontitis / Parodontose
Parodontitis lässt sich zwar inzwischen gut behandeln, ist aber dennoch eine chronische Erkrankung, die regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt (2-4 pro Jahr) unabdingbar macht. Um langfristige Erfolge verzeichnen zu können, spollte neben der eigentlichen Parodontose-Behandlung auch das Immunsystem ausreichend gestärtk werden. Zudem muss auf eine gute Zahnhygiene geachtet werden. Um den Schutz der empfindlichen frei liegenden Zahnhälse schnell wiederherzustellen, besteht außerdem die Möglichkeit, gesundes Zahngewebe an die betroffenen Stellen zu transplantieren. Bei Verlust von einem oder mehreren Zähnen ist auch die Versorgung mit einem Implantat möglich.
Parodontose-Prophylaxe: Wie kann man Parodontitis vorbeugen?
Das A und O, um einer Parodontitis bereits im Vorfeld entgegenzuwirken, ist eine gute Zahnpflege, d.h.:
- Regelmäßiges Zähneputzen: Putzen Sie sich 2 Mal täglich (am besten morgens und abdens) die Zähne, um der Entstehung von Plaque vorzubeugen. Nach dem Essen sollen Sie jedoch eine halbe Stunde warten, damit der Zahnschmelz nicht durch das Zähneputzen beschädigt wird.
- Achten Sie dabei aucb auf die richtige Putztechnik: Ohne Druck mit kreisenden Bewegungen vom Zahnfleisch weg und zum Zahn hin
- Verwenden Sie täglich auf Zahnseide oder spezielle Interdentalbürstchen. So können auch Beläge zwischen den Zähnen zuverlässig entfernt werden.
- Nutzen Sie hin und wieder einen Zungenschaber, um auch die Zunge regelmäßig von Bakterien zu befreien.
- Wenn Ihr Zahnfleisch besonders empfindlich ist, schonen Sie es, indem Sie auf eine „sanfte Zahncreme“ mit einem geringeren Anteil an Putzkörpern zurückgreifen. (Tipp: Je niedriger der RDA/REA-Wert, desto feiner sind die Putzkörper der Zahnpasta).
- Machen Sie 1-2 Mal pro Jahr eine professionelle Reinigung beim Zahnarzt, bei der sowohl Zahnstein als auch anhaftende Beläge entfernt werden.
Damit eine Parodontitis rechtzeitig erkannt und behandelt werden kann, sollten Sie auch die 6-monatigen Vorsorge-Untersuchungen unbedingt wahrnehmen. Doch nicht nur mit einer guten Mundhygiene und regelmäßigen Zahnarztbesuchen können Sie Parodontose vorbeugen. Vielmehr gibt es noch weitere Maßnahmen, mithilfe derer Sie dafür sorgen können, dass die Erkrankung gar nicht erst ausbricht. Achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung und verzichten Sie, wenn möglich auf das Rauchen. Bestehen bei Ihnen Voerkrankungen wie z.B. Diabetes sollten Sie auch diese bestmöglich behandeln lassen, um ihr Parodontose-Risiko möglichst niedrig zu halten.
Bildnachweise
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Quellen
https://www.deutsche-familienversicherung.de/ratgeber/artikel/parodontose-was-wirklich-hilft/
https://www.apotheken-umschau.de/Parodontitis
https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/pati/bzaekdgzmk/4_01_parodontalbehandlung.pdf